Die Serie „Ahsoka“ lässt mich gleichsam ratlos, wie auch in meinen Erwartungen bestätigt zurück. Einerseits ratlos, weil Regisseur und Autor Dave Filoni mir nicht vermitteln konnte, was er mit dieser Serie eigentlich erzählen möchte. Andererseits fühle ich mich bestätigt, weil Dave Filoni mit dieser achtteiligen Erzählung eigentlich genau das umsetzt, was ich von Anfang an erwartet habe: Eine getarnte Fortsetzung seiner animierten „Rebels“-Serie mit großen „The Clone Wars“-Einschlag und jeder Menge Fanservice.
So kennt man ihn, schließlich drückte er bereits Favreaus „The Mandalorian“ einen starken Stempel auf; einer Serie, bei der man manchmal gar nicht unterscheiden konnte, ob Favreau wirklich federführend war oder insgeheim Filoni das Ruder übernahm. Und trotzdem weiß ich nicht so richtig, was nun von „Ahsoka“ zu halten ist, Filonis eigenem Live-Action-Werk.
„Ahsoka“ ist solide unterhaltsam. Die Serie macht das, was man von hier erwartete: Sie befriedet (alle) Fans, ist sehr actionlastig, Jedi spielen wieder eine zentrale Rolle und sie hievt zahlreiche „Rebels“-Charaktere ins Live-Action-Gewand. Die Serie erzählt von der Suche Ahsokas nach Großadmiral Thrawn, welche bereits in der zweiten Staffel von „The Mandalorian“ angekündigt wurde und eine direkte Fortsetzung der „Rebels“-Serie bedeutet.
All das wird logisch und ohne größere Überraschungen weitergedacht. Natürlich treffen wir irgendwann auf den verschollenen Thrawn und „Rebels“-Hauptcharakter Ezra. Natürlich verwirklicht Dave Filoni den Fantraum von einer Sequenz zwischen Anakin und Ahsoka während der Klonkriege. Natürlich wird Oberschurke Thrawn nicht geschlagen, sondern nutzt diese Serie lediglich als Sprungbrett für weitere Staffeln oder Filonis eigenem Kinofilm. Natürlich ist Jedi-Antagonist Baylan Skoll hinter einem Mysterium her, welches auf einer der eindrucksvollsten Episoden aus „The Clone Wars“ basiert. All das ist so vorhersehbar, dass schon mit Wochen an Vorlauf zahlreiche Handlungselemente abzuschätzen waren und von zahlreichen Fans erfolgreich spekuliert wurden.
Und das Ganze ist bei all seiner Vorhersehbarkeit nicht mal schlecht inszeniert. An „Andor“ kommt diese Serie bei weitem nicht heran, aber mit „Obi-Wan Kenobi“ und „Boba Fett“ wischt selbst Filonis Live-Action-Debüt den Boden auf. Das fängt schon damit an, dass trotz vertrauter Produktionstechnik die Wertigkeit und Schauwerte der Serie deutlich höher ausfallen.
Einspurige Kulissen, schlechte LED-Wände und dilettantische Kameraarbeit sind weitestgehend passé. Die Action ist zudem ordentlich und versucht zumindest, insbesondere bei den Lichtschwertduellen, an die alten Filme heranzureichen. Inszenatorisch ist das nicht überragend, aber schämen muss man sich auch nicht.
Nur wünsche ich mir, dass „Ahsoka“ nicht durchgehend so behäbig und schmallippig daherkommen würde. Obwohl man meinen könnte, dass Dave Filoni als jahrelanger Protegé von George Lucas die Erzählweise und Techniken von Star Wars in- und auswendig kennt, würde ich ihm am liebste in guter alter Lucas-Manier zurufen: „Faster. More intense!“ Alles ist langsam, alles ist bedeutungsschwanger, alles wirkt so gezogen und in die Länge gestreckt.
An „The Mandalorian“ habe ich kritisiert, dass mir die ganze Nebenaufgaben- und Filler-Struktur stark auf die Nerven geht. Bei „Ahsoka“ könnte man jedoch meinen, Dave Filoni hätte die genauso nervige Struktur der ganzen MCU-Serie übernommen und eine zwei- bis dreistündigen Filmhandlung auf einen viel längere Serie gestreckt und sie im Schnittraum lediglich in acht Teile gehackt. Und die Geschichte ist eben leider viel zu läpsch, als dass sich eine so behäbige und gezogenen Erzählweise rechtfertigen ließe.
Die eigentliche Handlung der Serie pendelt schließlich zwischen der Suche nach Thrawn, dem Selbstfindungstrip von Ahsoka, einer Jedi-Schüler-Beziehung und der Wiedervereinigung mit Ezra. Die einzige Unbekannte darin sind lediglich die beiden Ex-Jedi und Fast-Sith Baylan Skoll und Shin Hati. Allein hier geht es schon los: Was möchte Dave Filoni uns damit sagen?
George Lucas unterteilt sehr eindeutig in Jedi und Sith. Das Konzept von sogenannten grauen oder dunklen Jedi wurde schon vor Jahren als Fanprodukt abgetan, welches im Kontext von Star Wars keinen Sinn ergibt. Und dennoch haben beide Ex-Jedi orange leuchtende Klingen (nicht rot). Meister Baylan Skoll ist jedoch kein Sith, sondern wirkt eher wie ein gebrochener, aber edelmütiger Ex-Jedi, der sich nur ab und zu unlauteren Methoden bedient. Filoni scheint schon länger mit diesem Konzept zu spielen, schließlich ließ schon Ahsoka in „Rebels“ verlauten, sie sei keine Jedi (was sie technisch gesehen jedoch immer war und auch immer sein wird).
Bei Ahsoka gehen die Fragezeichen weiter. Es ist ein offenes Geheimnis, dass die Serie sehr viel Vorwissen aus den genannten Animationsserien voraussetzt. Aber selbst ich als Kenner dieser ganzen Serien war bezüglich Ahsokas Charakterbogen verwirrt. Filoni – bekennender Tolkien-Fan – inszeniert Ahsoka in der ersten Hälfte offenbar als Ahsoka „die Graue“, um sie dann in der aufsehenerregenden fünften Folge mit ihrem Meister Anakin zu Ahsoka „der Weißen“ transformieren zu lassen.
Nur erweist sich die gesamte „Clone Wars“-Rückblendenfolge als oberflächliche Fanservice-Show, die wahre Charakterentwicklung maximal behauptet, aber inhaltlich leer daherkommt. Aus welchem Grund muss Ahsoka sich zu einer neuen Person entwickeln und benötigt eine letzte Lektion ihres Meisters, um alte Laster abzuwerfen? Das erklärt weder die Serie selbst, noch geht das aus den Animationsserien hervor. Natürlich dichteten zahlreiche Fans schnell irgendeine Bedeutung in dieses Lehrstück – welches selbst isoliert und aus Anakins Sicht keinen Sinn ergibt – hinein.
An dieser Stelle muss der Serie immerhin zugutegehalten werden, dass sie Teil von Hayden Christensens unglaublicher Präsenz und Physis sein durfte. Wenn er als Anakin schauspielert und das Lichtschwert schwingt, geht selbst mir als pessimistischer Star-Wars-Fan nochmal kurzzeitig das Herz auf. Seine Bewegungsabläufe und Körpersprache sind einmalig. Kein anderer Darsteller hatte ein so großes Talent für den Schwertkampf.
Zudem sieht die Serie auch an dieser entscheidenden Stelle optisch besser aus. Hayden wurde dieses Mal digital verjüngt, was in 95% aller Einstellungen tatsächlich sehr beeindruckend aussieht. Sein Aussehen aus Episode III konnten sie fast perfekt rekonstruieren. Der 40 Jahre aussehende Padawan aus „Obi-Wan Kenobi“ gehört damit zum Glück der Vergangenheit an.
Eine kleine, weitere Überraschung der Serie ist die Rolle von Sabine Wren. Für die Fans der alten Serie kommt es einerseits unerwartet, dass sie nun die Schülerin von Ahsoka ist und über Machtfähigkeiten verfügt. Aus der Serie „Rebels“ war dies nicht unbedingt abzuleiten, obwohl sie dort an einer Stelle mit einem Lichtschwert trainiert.
Andererseits manifestiert sich an Sabines Figur, dass der Name „Ahsoka“ für die Serie nichts weiter als eine Marketingstrategie war. Denn hierbei handelt es sich zweifelsfrei um eine fünfte „Rebels“-Staffel, in der Ahsoka zwar eine prominente Rolle spielt, aber selbst ihr Status als Hauptfigur anzuzweifeln ist. Sabine besitzt ähnlich viel, wenn nicht sogar mehr „screen time“ als Ahsoka. Nur kann man die Serie natürlich schlecht „Sabine“ betiteln.
Nur finde ich, dass Filoni mit Sabine als Figur zu wohlwollend und ungelenk umgeht. Es ist auch hier eine Abkehr von George Lucas‘ etabliertem Universum, wenn nun auch Charaktere, die ihr halbes Leben lang nichts von ihrer Machtsensitivität bemerkt haben, plötzlich zum Jedi taugen. Zwar bekräftigt Filoni die Aussage, dass hartes Training der Grundstein zum Erfolg ist, jedoch vergisst er dabei das Talent als Ausgangslage. Ohne Talent bringt auch unendlich viel Training nichts.
Hinzu kommt, dass Sabine im Großen und Ganzen die Ursache für Thrawns Rückkehr ist und weder Ahsoka noch jemand anderes sie dafür zur Rechenschaft zieht. Denn im Grunde waren dies überaus selbstsüchtige Methoden, welche sich Sabine zu eigen gemacht hat und das ist alles andere als Jedi-würdig. Aber Ahsoka sieht darüber mal eben hinweg; Hauptsache Ezra ist gerettet.
Schließlich existiert noch Thrawn, der als Taktiker und Stratege noch so brillant sein kann, letztlich kämpft er gegen Windmühlen. Seine Pläne und Taktiken können genial sein, aber am Ende sind es drei Hauptfiguren mit „Plot Armor“ gegen die Thrawn einfach nichts auszurichten vermag. Selbst mit einem Sternzerstörer, hunderten Truppen und einem mehrstufigen Masterplan bringen ihn drei Jedi beinahe davon ab vom Planeten abheben zu können. Ja, Thrawn „gewinnt“ am Ende dieser Staffel erwartungsgemäß und trotzdem kann man nur belächeln, wie viele Bombardements Ahsoka und Co. überlebt haben.
Dave Filoni möchte so gerne den Thrawn aus den alten Romanen der 90er Jahre wiederbeleben, aber schafft es einfach nie glaubwürdig, weil die Figur entweder in einem Cartoon für 6-jährige gefangen ist oder gegen drei Hauptfiguren antreten muss, die Filoni schlicht nicht opfern kann. Obendrauf kommt die missliche Zeitlinie des Star-Wars-Kanons zutragen, die es leider voraussetzt, dass die Sequel-Trilogie irgendwann geschehen wird und zwar ohne Thrawn.
Der berüchtigte Antagonist kann also nur verlieren. Und selbst klare Siege, die ihn zumindest kurzzeitig bedrohlich wirken lassen könnten, gesteht ihm die Serie kaum zu. Spannung kommt bei diesem Versuch eine große Bedrohung aufzubauen leider nicht auf.
Genauso wie die Erzählstruktur des MCU übernimmt nun leider auch „Ahsoka“ lediglich die Funktion eines „set ups“ für die nächste und übernächste Serie. Dave Filoni gelingt es nicht etwas Eigenständiges und Aussagekräftiges zu erzählen, sondern bereitet die Zuschauer ausschließlich auf „Mehr“ vor. Damit verkommt die Serie leider viel zu sehr zu „Content“, der weder spannend noch interessant ist. Schönreden kann man sich das als Fan weiterhin mit der Ladung an Fanservice, die Filoni natürlich wieder geschickt einzusetzen weiß. Mir reicht das jedoch schon längst nicht mehr.
Fazit: „Ahsoka“ ist besser als die zuletzt grottige „Kenobi“- und „Boba Fett“-Show, allerdings nicht der erhoffte Befreiungsschlag aus der Krise, in der sich Star Wars seit Jahren befindet. Dafür fühlt sich auch Dave Filonis erste Live-Action-Serie zu stark nach „Content“ an und dem verzweifelten Versuch, ein weiteres Serien- und Filmuniversum (im Universum) nach Marvels Vorbild aufzubauen.
5.5 von 10.0