Spider-Man: No Way Home – Kritik und Review

Spider-Man: No Way Home© Sony Pictures

Ein mieser Abschluss für eine der schlechtesten Trilogien aller Zeiten. Wenn man keinerlei Erwartungen mehr hat und als gebeutelter Spider-Man Fan komplett desinteressiert an dieser Filmreihe ist und dennoch enttäuscht wird, dann handelt es sich um „Spider-Man: No Way Home“. Selbst die größten Fehlschläge des MCUs oder der neuen Star-Wars-Filme stellt dieser Film in den Schatten. So etwas wie „Avengers: Endgame“ war wenigstens noch ein unerwartbarer, aber eben enttäuschender Abschluss einer Reihe; ein kompletter filmischer Fehlschlag, der einzig noch durch seine Figuren getragen wurde, die man über so viele Jahre begleitet hat. Dieser Spider-Man-Film ist hingegen einfach nur noch eine erzählerische und inszenatorische Bankrotterklärung; ein filmischer Totalschaden auf allen Ebenen und eine so große Beleidigung für das Kino, sodass einem heute Scorseses Worte wie eine unterschätzte Vorhersage noch viel schlimmerer Zeiten vorkommen.

Auf keinen Film bzw. Trilogie treffen all die Kritikpunkte über das MCU, die man über all die Jahre immer wieder vernommen hat, so gut zu, wie auf diese Spider-Man-Filme. Mit dieser Reihe hat man alles unterboten, was die Marvel Studios je produziert haben. Dieser dritte Teil ist nun die Krönung und so schlecht, dass man es nun fast als Beleidigung gegenüber jedem anderen Marvel-Film sieht, wenn dieser Nichtfilm mit all seinen Schwächen und Nervigkeiten auf eine Ebene mit dem Rest gestellt wird. Dieser Film ist gleichermaßen identitäts-, als auch seelenlos, der einem mit einer absoluten Nichtleistung aus ausgekotzten Bildern und sinnfrei verfassten Handlungen eine Erzählung präsentiert, aus der man dümmer herauskommt, als aus jedem Michael Bay oder Roland Emmerich Film.

An der „Spitze“ dieses Unfalls von Filmen steht der Regisseur Jon Watts, der sicherlich ein netter Mensch ist und abseits von Spider-Man auch einige guckbare Filme gedreht hat, der unter Sony und Marvel aber zu alldem wurde, was man den Regisseuren so vieler moderner Blockbuster oftmals vorwirft: Ein Auftragsregisseur, dem alle kreative Ambitionen genommen wurden und der ein Produkt auf die banalste aller Weisen herunterfilmt. So völlig befreit von Ideen und Identität fragt man sich, ob Jon Watts überhaupt jemals kreative Ansprüche hegte, so miserabel sind diese Filme inszeniert. Für die Drehbücher mag er ja nichts können, aber so unterirdisch, wie diese Aneinanderreihung von Bildern gedreht werden, fragt man sich, ob überhaupt ein Regisseur anwesend war. Dagegen wirkt selbst jeder neue, auf tausenden Daten, Auswertungen und Algorithmen basierende Netflix-Film, wie ein Werk mit Vision. Watts ist das beste Beispiel für einen Marionettenregisseur, der maximal dazu missbraucht wird, die Schauspieler halbwegs gut gelaunt durch diese Qual zu führen, während der halbe Film vermutlich von ILM stammt, welche die ganzen lieblosen CGI-Sequenzen beitragen, die einfach in viel zu kurzer Zeit und ohne Vision aus dem Rechner gekackt wurden.

Entsetzt bin ich allerdings auch darüber, wie leicht ein Kevin Feige seine wohlbehüteten und dem Anschein nach penibel geplanten Figuren hergibt und sie von anderen Autoren und Regisseuren missbrauchen lässt. In all den Jahren MCU gibt es keine Figur, die so out-of-character agiert, wie Doctor Strange (ohnehin eine Figur, die es lange schwer in dieser Reihe hatte). In „Infinity War“ blühte er endlich zu jenem obersten Zauberer auf, der er immer sein sollte, um nun in „No Way Home“ zum dümmsten aller Anwesenden im Raum zurück degradiert zu werden. Die besagte Sequenz ist sogar noch schlechter, als sie schon im Trailer war, als Wong wenigstens noch mit etwas Rest-Würde seinen Freund am Zauberspruch hindern wollte. Im finalen Schnitt ist es Wong hingegen ebenso gleichgültig, was mit dem Universum passieren könnte, wie Doctor Strange.

Obendrauf verliert Strange dann noch den Kampf gegen Spider-Man in seiner eigenen Spiegeldimension und wird das letzte Stück Ehre genommen, als sich die Autoren dafür entscheiden, dass Peters Freund einfach aus Laune heraus die Zauberei für sich entdeckt, für die Strange jahrelanges Training benötigte. Nichts an von dieser Dämlichkeit nimmt ihm übrigens Tom Hollands Peter Parker, der selbst nach zwei Soloabenteuern und zwei Avengers-Filmen seinen Status als schlechtester Spider-Man nochmal unterbieten kann, indem er so dümmlich handelt und reagiert, wie ein 8-jähriger. So selbstsüchtig, egozentrisch und rücksichtslos wie er sich verhält, klatscht man am Ende mehr in die Hände und jubelt vor Schadenfreude, als dass man auch nur ansatzweise Trauer empfindet, wenn er nach und nach alles verliert, was ihm lieb ist und er als einsames Nichts endet. Nun ist er endlich ein halbwegs akzeptierbarer Spider-Man, nachdem er Tante May verloren hat und alleine klarkommen muss… also nach fünf Filmen, und nachdem er bereits Onkel Ben verlor… und nachdem er bereits seinen Ersatzonkel Tony Stark verlor… also jetzt ist er wirklich Spider-Man… jetzt wo seine Trilogie zu Ende ist.

Generell ergibt nichts an dieser Handlung irgendeinen Sinn und man sollte nicht auf die Idee kommen auch nur eine Sekunde darüber nachzudenken. Peter möchte nicht, dass die Bösewichte wieder in ihr Universum kommen, damit sie nicht ihrem Schicksal, nämlich dem Tod zum Opfer fallen… dann „heilt“ Peter alle Bösewichte und sie werden trotzdem wieder in ihr Universum zurückgeschickt, was jetzt genau was an der ganzen Situation geändert hat? Jetzt stürzt Doc Oc eben „geheilt“ in den Fluss, Norman wird „geheilt“ aufgespießt und Elektro wird „geheilt“ von der Elektrizität des Umspannungswerkes pulverisiert. Und wenn nicht, wurden dann alle vorigen Filme in ihrer Handlung geändert und es ergibt damit gar keinen Sinn mehr, dass Peter 2 und Peter 3 dort sind, wo sie jetzt sind? Und warum mussten Lizard und Sandman überhaupt „geheilt“ werden, wenn ersterer das im jeweiligen Film doch ohnehin am Ende wurde und letzterer damals zu einem freundlichen Verbündeten wurde, der gar nicht „geheilt“ werden musste? Und dieser ganze hirnrissige „Plot“ findet seinen Ausgang im Handeln von den zwei dümmsten Superhelden aller Zeiten, die aus reiner Selbstüberschätzung das Multiversum destabilisieren, weil den Autoren nichts Besseres einfiel.

Selbst auf simpelsten dramaturgischen Ebenen gelingt es den Autoren nicht eine halbwegs stringente und logische Geschichte zu etablieren, aufzubauen und dann halbwegs nachvollziehbar aufzulösen. Der Tod von Tante May funktioniert beispielsweise überhaupt nicht, nicht nur, weil May und Peter in diesen drei Filmen die schlechteste Beziehung hatten und nie miteinander funktionierten, sondern weil nie etwas dafür getan wird, dass dieser Tod auch nur ansatzweise vorbereitet wird. Sie läuft dreimal durchs Bild und ist eben anwesend, um dann plötzlich aus heiterem Himmel dem grünen Kobold zum Opfer zu fallen. Selbst nach drei Filmen kreiert dieses Ereignis kein bisschen Emotion, da es nie einen Aufbau dafür gab, da das Verhältnis der beiden ohnehin nahezu nicht existent war und es sich um die bei weiten mieseste May aller Spider-Man-Filme handelte. Da boten selbst die wenigen Momente zwischen Tobeys Peter und seinem Onkel mehr Gewicht und Emotion, als das. Und natürlich sind die Zeiten längst vorbei, als man noch mindestens einen ganzen Film auf genau so einen tragischen Tod hinarbeitete und die Beziehung zweier Personen genau darauf ausrichtete und es so schrieb, dass es am Ende maximal emotional war, siehe „The Amazing Spider-Man 2“.

Genau diese Szene bringt mich zum nächsten Punkt: Inszenierung. Ich habe selten einen 200 Millionen US-Dollar teuren Film gesehen, der dermaßen hässlich aussieht und schlecht inszeniert ist. Die zwei einzigen gelungenen Sequenzen sind der Kampf zwischen Spidey und Norman im Hochhaus sowie das Ende bzw. die letzte Sequenz des Films. Alles dazwischen wirkt hingegen so dermaßen hingerotzt, dass einem die Augen schmerzen. Auch das liegt wohl wieder maßgeblich an Jon Watts, der es selbst mit drei verschiedenen Kameraleuten schafft (ja, alle drei Filme der Reihe besaßen tatsächlich immer einen anderen Kameramann) immer wieder aufs Neue zutiefst unästhetische und hässliche Bilder auf die Leinwand zu bringen.

Eigentlich fängt es schon beim Drehbuch an: Die glorreiche Rückkehr der beiden alten Spider-Männer findet in irgendeinem Wohnraum statt, in dem Ned mal eben aus purem Zufall heraus zwei Portale öffnet, durch die dann Tobey Maguire und Andrew Garfield steigen. Die dürfen dann ihre Kräfte präsentieren, indem u.a. Andrew die Decke von Staub befreien darf. Wow, wie ungeil und maximal beschissen kann man eine Rückkehr eigentlich „zelebrieren“? Da haben also alle im Kino gekreischt, als Tobey völlig ausdruckslos und müde über ein Portal in eine fremde Wohnung trat und die Großmutter von Ned angrinste?

Was die Rückkehr der alten Spideys zumindest zeigt bzw. bestätigt: Andrew Garfield war von allen dreien klar der beste Spider-Man und Peter Parker. Man merkt ihm zumindest an, wie sehr er die Rolle geliebt hat und dass er auf ironische Weise Spaß hat. Dahingegen wirkt Tobey etwas müde, stellt sich auch 15 Jahre später nicht wirklich als großer Schauspieler heraus und spielt einfach die Grütze herunter, die man ihm für zehn Säcke Geld angeboten hat. Tobey hatte immer das Glück unter Sam Raimi in den besten Filmen mitgespielt zu haben und hatte den Vorteil, dass er nun mal „der Erste“ war. Der beste Spider-Man war er deswegen aber lange nicht. Wenn auch nahe dran an Andrew und immer noch meilenweit besser als alles, was Tom Holland darstellen soll.

In der letzten Stunde von „No Way Home“ fühlt sich schließlich jede Szene der drei Spideys wie ein SNL-Sketch oder billiges Fan-Film-Projekt an, so minderwertig und einfallslos fühlen sich die Gespräche der drei an. Eine richtige Atmosphäre in einem richtigen und ernstzunehmenden Film kommt dabei nie auf. Stattdessen zählen Tobey und Andrew einfach zu 90 Prozent die Ereignisse ihrer Filme auf, damit jeder Fan im Kino für jede erkannte Referenz mal kurz kreischen kann. Zugeben muss man zumindest, dass die alten Spideys durch dieses Ereignis eine Art Abschluss gegönnt bekommen, den sie in ihrer jeweiligen Filmreihe nie erhalten durften. Das täuscht aber leider nicht darüber hinweg, wie ohne jedes Gefühl oder Sinn für Chemie der Figuren die Szenen abgefilmt werden. Wenn es sich nicht um SNL-Sketch-Niveau handelt, könnte man glatt denken, es handelt sich um Deleted Scenes oder einstudierte Witzeleien für den Gag Reel. Wer wollte es nach dem Treffen aller drei Spider-Männer nicht sehen, wie sie über die selbstproduzierten Spinnennetze von Tobey philosophieren? Oder Peter 2 Peter 3 den Rücken einrenkt? Oder alle Peters innerhalb von einer Minute ein Gegenmittel für fünf Bösewichte herstellen, was alles umwirft und widerlegt, was man in den vorigen Filmen gesehen hat?

Abgerundet wird das Ganze dann durch die schlechteste Action, die ich je in einer Comicverfilmung erlebt habe. Inszenatorisch wieder maximal unterwältigend, unästhetisch und komplett im grauen CGI-Sumpf der Dunkelheit gehalten. Wie peinlich schlecht es einfach aussieht, wenn alle Peters gemeinsam schwingen und zusammenarbeiten… so in dunkel Grau, mit ganz viel herumwirbelnden Sand, damit die Bilder noch matschiger aussehen. Untermalt mit dem miesesten aller MCU-Scores, dem neuen Tom Holland Spider-Man Theme, welches so generisch, austauschbar und langweilig klingt, dass alle andere MCU-Themes auf einmal wie Balsam für die Ohren erklingen. Einfach nur traurig, wie wenig Mühe sich hier gegeben wird, von der Inszenierung, den Effekten bis zur tonalen Untermalung. Ach ja, und man sollte natürlich nicht glauben, dass die alten, cooleren Themes der anderen Spider-Männer gespielt werden. Ne ne, die klingen nur an einer Stelle für jeweils zwei Sekunden an, um ansonsten vom gewohnten Geplärre des neuen Soundtracks über Bord geworfen zu werden. Also selbst in Fanservice-Fragen scheitert diese Nichtleistung von Film.

Symptomatisch für die unterirdische Inszenierung lässt sich eine Szene heranziehen: Als Andrew Garfields Spider-Man seine Art von „Redemption“ erhält und die MJ von Tom Holland auffängt (gleichzeitig untergräbt das natürlich einmal mehr jeden Charaktermoment von Tom Hollands Peter, aber was solls. Fanservice!). Als Vergleich lässt sich hier natürlich die von Marc Webb inszenierte Todessequenz von Gwen Stacy aus „The Amazing Spider-Man 2“ heranziehen: emotional, spannungsgeladen, ruhig, mit Bedeutung, mit Wucht, mit Konsequenz, mit Gewicht. In Zeitlupe streckt sich Peter Parkers Netz wie eine Hand aus, welche verzweifelt versucht seine große Liebe Gwen vor dem sicheren Tod zu retten, nur um mit ansehen zu müssen, wie er daran um nur wenige Zentimeter scheitert und er sein Ein und Alles in den Armen verliert.

Demgegenüber steht „No Way Home“: MJ fällt kurzzeitig in Zeitlupe herunter, Tom springt ihr hinterher und wird von Norman abgefangen; das sieht Andrew und springt wie in einem schlechten Fan-Film ganz erschrocken hinter MJ her; Schnitt – er erreicht sie innerhalb von wenigen Millisekunden, obwohl MJ bereits mindestens die Hälfte der Strecke gefallen ist, und fängt sie kurz vor dem Boden auf. Alles ist innerhalb von fünf Sekunden vorbei, weil der Film natürlich keine Zeit für echte Inszenierung oder Emotionen hat und schnell zur nächsten Szene hetzen muss. Also die „Redemption“ für Andrew ist inszenatorisch in allen Belangen schlechter und fauler umgesetzt und ergibt rein physikalisch nicht mal Sinn, vor allem nicht, wenn man die Szene mit ihrem Vorbild vergleicht. In wenigen schnelle Schnitten, aus grau-dunkel zermatschten Bildern, ist alles innerhalb weniger Sekunden vorbei, ohne auch nur ansatzweise an die besagte Referenz heranzureichen. Traurig. Einfach nur traurig.

Spider-Man: No Way Home© Sony Pictures

Fazit: Ein absolutes Elend. Der Tiefpunkt des Kinos.

2.0 von 10.0

Die Kritik im Original auf Moviepilot

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