Yu-Gi-Oh! 5D’s – Kritik und Review

Yu-Gi-Oh! 5D's© TV Tokyo

Manchmal lohnt es sich, zu alten Kindheitsserien zurückzukehren, um unerwartet Neues in ihnen zu entdecken. Allerdings hätte ich nicht damit gerechnet, dass „Yu-Gi-Oh! 5D’s“ so eine Serie ist. Die alten Serien sind alle kurzweilige Unterhaltung und versuchten mal mehr und mal weniger glaubhaft eine halbwegs sinnvolle Geschichte rund um das Karten-Spiel zu erzählen. Die dritte Serie „Yu-Gi-Oh! 5D’s“ findet sich u.a. deswegen in vielen Rankings weit oben wieder, da sie – wenn man mal den Nostalgie-Bonus für das erste Abenteuer rund um Yugi Muto und Seto Kaiba abzieht – die spannendsten und komplexesten Figuren bietet. Ich bin früher eher mit der Serie „GX“ aufgewachsen und wurde seinerzeit mit den neuen Turboduellen in „5D’s“ nicht mehr wirklich warm.

Das aber einmal akzeptiert, verbirgt sich in „5D’s“ noch so einiges mehr, was an einem als Kind oder Jugendlicher vorbeigeht: Die Serie enthält nicht zu übersehende System-, Gesellschafts- und Kapitalismuskritik. Veranschaulicht wird dies durch den Ort des Geschehens, der Stadt New Domino City sowie seinem verarmten Distrikt Satellite. Nur durch einen Kanal verbunden, gibt es für die Bürger von der Insel Satellite keine Möglichkeit des „Aufstiegs“ nach New Domino City.

Auf der einen Seite blüht eine wunderschöne Stadt, welche ihre Bürger durch regelmäßig stattfindende Duelle unterhält, während auf der anderen Seite eine verarmte Bevölkerungsschicht jenen Wohlstand erarbeitet. Und daraus machen selbst die elitären Anführer von New Domino City keinen Hehl. Gleich in der zweiten Folge entsteht folgender Dialog zwischen dem Bösewichten Goodwin und seinem aus Satellite geflohenen Schützling Jack Atlas:

Jack: „Ach, diese Aussicht. Einzigartig. Was macht es da schon aus, dass ich einige gute Bekannte hintergehen musste, um sie zu erlangen? Dabei ist es noch gar nicht lange her, dass ich in Satellite zusehen musste, wie ich einigermaßen durchkam. Na, zum Glück ist dieser Albtraum vorbei. (…) Wenn es nach mir ginge, gäbe es dieses verflixte Satellite nicht mehr.“

Goodwin: „Deine Abneigung ist verständlich. Dennoch spielt Satellite eine wichtige Rolle in unserer Gesellschaft. Jeder von uns muss seiner Bestimmung folgen. Die Leute aus Satellite sorgen dafür, dass es uns hier gut geht. Sie recyceln, was wir wegwerfen, nur so funktioniert unsere Stadt. Ohne Satellite könnte New Domino City gar nicht existieren. Doch zu arbeiten macht keinen Spaß. Aber wenn man bedenkt, wie nötig so etwas ist, kann man es ertragen.“

Diese ganze Prämisse unterstützt „5D’s“ gleichermaßen visuell. Immer wieder werden die beiden Stadtteile New Domino City und Satellite direkt einander gegenübergestellt bzw. geschnitten. Auf der einen Seite gewinnt der neue Star Jack Atlas seine Turboduelle, während auf der anderen Seite der unglückliche Protagonist Yusei Fudo aus einem zerstörten Tunnel in Satellite gen Mondlicht schaut. Die „Blade-Runner-eske“ Ästhetik des Ganzen kommt dabei nicht von ungefähr und es ist sicherlich auch kein Zufall, dass die Hauptfigur Yusei Fudo auf einem roten Motorrad unterwegs ist („Akira“).

Durchaus clever vermittelt die Serie dabei auch stets, dass nur den allerwenigstens der Sprung aus Satellite (Armut) nach New Domino City (Erfolg) gelingt. Jack Atlas schafft es durch puren Egoismus, mittels vernarrter Selbstverliebtheit, während Yusei Fudo es aus Willenskraft und der Hilfe seiner freiwillig zurückgelassenen Freunde schafft. Und dennoch schaffen es beide vor allem nur deswegen, weil es gewollt ist; weil Antagonist Goodwin und seine Machtelite es so einfädeln. Ohne jenes Angebot sowie aus der Not heraus, beide Protagonisten für ihre zukünftigen Pläne zu gewinnen und auszunutzen, wäre es nie dazu gekommen.

Yusei: „Ich vertraue ihnen nicht. Sie wollen mich nur ausnutzen.“

Goodwin: „Natürlich. Wir alle nutzen einander aus, darauf beruht jede Gesellschaft. Nimm zum Beispiel unsere Stadt. Satellite braucht den Müll von New Domino City, um Energie zu erzeugen, die wir wiederum nutzen.“

Yusei: „Was wir brauchen, ist kein Müll, sondern Freiheit.“

Goodwin: „Die kannst Du haben.“

Wie viele dieser Anime von damals vermittelt „5D’s“ natürlich auch die klassischen Werte über Freundschaft sowie Zusammenhalt und begleitet die Hauptfigur Yusei Fudo auf seiner persönlichen Heldenreise. Zudem läuft es dann auch hier schnell darauf hinaus, dass die Duelle im Vordergrund stehen und sich eine übernatürliche und etwas quatschige Geschichte um die Pläne der Antagonisten ausgedacht wird. „Yu-Gi-Oh“ konnte wohl nie einfach nur eine simple Geschichte wie „Pokémon“ sein.

Wobei zu sagen ist, dass selbst das in der ersten Staffel dominierende Meisterschaftsturnier im Sinne der Prämisse und des gesellschaftskritischen Ansatzes nicht zu unterschätzen ist. Denn auch hier setzt sich den systemischen Regeln nach nur einer durch, während das Spektakel von Antagonist Goodwin im Stile eines Arenaleiters begleitet und gelenkt wird (so etwas wie „Tribute von Panem“ oder „Squid Game“ lassen grüßen).

Yu-Gi-Oh! 5D's© TV Tokyo

Fazit: Unterschätze niemals die alten Kinderserien.

7.0 von 10.0

Die Kritik im Original auf Moviepilot

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Seite verwendet Cookies, um die Nutzerfreundlichkeit zu verbessern. Mit der weiteren Verwendung stimmst du dem zu.

Datenschutzerklärung