Top Gun: Maverick – Kritik und Review

Top Gun: Maverick© Paramount Pictures

Modernste Militär- bzw. Flugzeugtechnologie ist eine Faszination für sich. Ein Flugzeugträger vereint wie kaum ein anderes Konstrukt den Erfindungsreichtum des Menschen mit seiner allgemeinen Leistungsfähigkeit als Individuum. So wie das Schiff und seine Flugzeuge einen Höhepunkt menschlichen Schaffens darstellen, so ist Schauspieler Tom Cruise darauf bedacht, die Grenzen seines körperlichen und darstellerischen Schaffens immer wieder neu auszutesten und das mit dem filmischen Höhepunkt bzw. dem einzig wahren Höhepunkt filmischer Verwertung zu kombinieren – dem Kino.

Das Kino ist alles für Tom Cruise. Als einer der prominentesten Vertreter setzt er sich dafür ein, dass das Kino auch noch in Zukunft die erste und wahre Heimat eines jeden Films bleibt. Tom Cruise ist dabei auch einer der letzten richtigen Actionstars und ein Verfechter von echter, realer Action. Das, was auf der Leinwand gezeigt wird, muss so nah an der Realität wie möglich sein. Um das zu gewährleisten, ist sich der fast 60-jährige Schauspieler nicht zu schade, ihn und alle Protagonisten in richtigen Kampfflugzeugen fliegen zu lassen. Oder für seine andere Kultreihe einen echten „Halo Jump“ durchzuführen, sich an das höchste Gebäude der Welt zu hängen oder nächstes Jahr mit einem Motorrad von einer Klippe zu springen.

Dieser Mann gibt alles, ob man das jetzt mutig oder lebensmüde nennen möchte. Zumindest verdient er sich damit jeden Respekt. Es ist ihm so wichtig, dass er sogar extra für „Top Gun: Maverick“ eine Grußbotschaft für jeden Kinozuschauer abspielen lässt, bevor der Film startet. Werden es ihm die Zuschauer mit entsprechenden Ticket-Verkäufen danken? Wird es diese Art Kino auch noch in Zukunft geben oder ist Tom Cruise der letzte Verfechter und Macher, der mit einer solchen Hingabe und maximalem Einsatz derartige Filme dreht?

„Top Gun: Maverick“ stellt diese Frage selbst. Pete „Maverick“ Mitchell ist nach über 30 Jahren ein Auslaufmodell, einer der letzten Typen seiner Art. Es steht eine Zukunft des unbemannten Luftkampfes bevor und um diese zu gewährleisten, gilt es den letzten Dorn endlich zu entfernen. Dieser Tag mag kommen, aber er ist noch nicht gekommen. So ungefähr formuliert es auch Maverick im Film. Als wäre es ein Abgesang auf die Actionkarriere des Darstellers dahinter sowie auf das echte, „wahre“ Kino bzw. das einstige, richtige Actionkino.

Verpackt wird das Ganze in ein audiovisuelles Erlebnis, welches Tom-Cruise-Action auf allerhöchster Stufe garantiert. Vor allem das Sounderlebnis ist eine wahre Wucht. Dieser Film ist ganz eindeutig für einen Ort gemacht: Für die größtmögliche Leinwand und Soundanlage, die zu finden ist. Auch „Kino“ genannt.

Wenn es zur Geschichte des Films kommt, dann muss man jedoch auch gestehen, dass sich der Film an alte, bewährte Tatsachen hält. „Top Gun: Maverick“ reiht sich zweifellos in die aufkommenden „Legacy Sequels“ der letzten zehn Jahre ein und wiederholt größtenteils die Dramaturgie und Figurenkonstellationen des Vorgängers, gepaart mit einer großen Portion Nostalgie. Der Unterschied zu so vielen anderen Versuchen Hollywoods ist allerdings, dass „Top Gun: Maverick“ der deutlich bessere Film im Vergleich zum ersten Teil ist. Die Action ist nochmal besser und vor allem klarer inszeniert; die Charaktere erhalten zumindest ein wenig Tiefe; und die Geschichte ist spannender, indem gleich zu Beginn eine klare Bedrohung bzw. ein Ziel definiert wird.

„Top Gun: Maverick“ übernimmt zwar sehr viele erzählerische Elemente des ersten Teils, aber optimiert diese an einige Stellen zum Besseren. Zudem werden die Ereignisse aus dem Vorgänger emotional clever verknüpft, sodass die Fortsetzung zwar vorwiegend für Fans, aber auch für weniger nostalgieanfällige Zuschauer bzw. Liebhaber des ersten Teils emotional erzählt sein dürfte. Der einzige Aspekt, der weniger gut gelingt, ist die forcierte Beziehung zwischen Tom Cruises Maverick und Jennifer Connellys Penny. Der Film schwelgt stark in 80er Jahre Nostalgie, aber diese Beziehung ging dann doch eher in die Kategorie „Cringe“.

Außerdem muss man dem Film trotz vieler Anleihen an seinen Vorgänger zugutehalten, dass sich insbesondere das letzte Drittel bzw. auch in Teilen der Aufbau dorthin klar unterscheidet. Die Mission des Films erinnert stark an alte Kriegsfilme der 1950er und 1960er Jahre, die sich dem Zweiten Weltkrieg gewidmet haben. Ein Film, der sich einst selbst an jenen Filmen orientiert hat, springt der Masse da womöglich noch eher ins Auge: nämlich der erste Star-Wars-Film von 1977.

Alle Filme handeln davon – z.B. „The Dam Busters“ von 1955 – eine nahezu unmögliche Mission durchzuführen, bei der ein nahezu unmöglich kleines Ziel getroffen werden muss. So wie in „Star Wars“ ist es auch in „Top Gun: Maverick“ der Mensch, der den Unterschied macht und die Technologie, die versagt.

Im Übrigen ist das nicht die einzige Anleihe an „Star Wars“. Möglicherweise doppeln sich hier auch nur universelle Werte, aber der Film ist bspw. durchzogen von dem Mantra „Nicht denken, sondern handeln“ (wenn du denkst, bist du tot), was in Zusammenhang mit schnellen Kampfflugzeugen auch an die Weisheiten von Qui-Gon Jinn oder Yoda erinnern („Nicht denken, sondern fühlen“ oder „Tu es, oder tu es nicht“).

Ebenso ist die Figur Maverick über den ganzen Film damit beschäftigt, die Trauer über den Verlust seines Freundes aus Teil 1 zu bewältigen und die damit verbundene Furcht, den Sohn ebenfalls im Luftkampf verlieren zu können. Das Dilemma von Maverick endet schließlich erst, als ihm ein alter Freund einen entscheidenden Rat gibt: Loslassen. Eines der zentralen Themen von „Star Wars“ und eines der wichtigsten Lebensweisheiten schlechthin.

Top Gun: Maverick© Paramount Pictures

Fazit: „Top Gun: Maverick“ ist der nächste Actionkracher von Tom Cruise, der zwar erzählerisch mehr hätte bieten können, aber dennoch ein episches Kinoerlebnis ist. Dieser Film ist Kino und sollte einzig an diesem Ort gesehen werden, wenn wir auch in Zukunft noch derartige Filme sehen möchten.

8.0 von 10.0

Die Kritik im Original auf Moviepilot

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