The Batman – Kritik und Review

The Batman© Warner Bros.

Bei „The Batman“ kommt im Grunde genau das heraus, was die Trailer und die Aussagen Matt Reeves versprachen: Ein düsterer Film Noir und „Detective“-Batman-Film, der sich ganz der Figur widmet und dabei eindrucksvoll erzählt, wie auch inszeniert ist. Ist der Film ein Meisterwerk geworden? Das neue Nonplusultra der Comicverfilmungen? Nein, das nicht. An „The Dark Knight“ reicht Reeves nicht heran, aber als erster Teil einer voraussichtlichen Trilogie und als willkommene Abwechslung im so häufig gleichförmigen Blockbuster-Brei ist diese Interpretation Batmans mehr als gelungen.

Es ist schon bizarr, dass so ein Film heutzutage überhaupt noch existieren kann und ausgerechnet von Warner Bros. durchgewunken wurde. Klar, es ist immer noch Batman. Aber dafür knapp drei Stunden lang, zählt sich zu keinem bestehenden Universum und verfolgt einen erzählerischen Stil, der so gar nicht zum bekannten Comic-Mix der letzten Jahre passt.

Das Studio, welches Zack Synders Vision noch hart bekämpfte, „Batman v Superman“ gerade nicht eine dreistündige Laufzeit erlaubte und „Justice League“ auf zwei Stunden verstümmeln ließ. Warner Bros. scheint nach den Höhen und Tiefen ihres DCEUs wieder mehr zu riskieren. „Joker“, „The Suicide Squad“ und jetzt „The Batman“, der nach jüngsten Zahlen mit seinem 200 Millionen USD Budget alles andere als billig war („Joker“ war ja zumindest noch ein Schnäppchen).

Dabei entsteht ein Film, der erzählerisch und inszenatorisch allemal heraussticht und mit seinem Stil eine ganz eigene Sprache besitzt. Echte Abwechslung, nicht nur behauptete. Dabei ging „The Batman“ ursprünglich aus Ben Afflecks „The Batman“ hervor. Affleck stieg komplett aus, Matt Reeves warf das Skript über Bord und als einziges Überbleibsel blieb der Titel: „The Batman“.

Aber was erzählt man jetzt? Schon wieder ein neuer Batman, schon wieder ein neuer Darsteller, eine neue Interpretation und eine „neue“ Geschichte, die sich irgendwie unterscheiden und von den älteren Filmen abheben muss, aber dennoch im Kern Batman sein soll. Die Lösung ist ein ähnlicher Kniff, den bereits das MCU und Sony mit Spider-Man anwandten: Weg mit der Origin-Story, nicht nochmal der Tod von Thomas und Martha Wayne. Dafür ein jünger, unerfahrener Batman; jemand, der schon zwei Jahre „im Amt“ ist, aber noch viel zu lernen hat.

Dadurch setzt „The Batman“ in gewisser Hinsicht etwas Vorwissen voraus. Der Zuschauer muss es Batman von Anfang an abkaufen, wie sehr er unter dem Tod seiner Eltern leidet, ohne es je zu sehen zu bekommen. Das gelingt Matt Reeves einerseits deutlich besser als Marvel, so reflektiert sich das Trauma von Bruce Wayne an mehreren Stellen in einem kleinen Jungen, der zu Beginn des Films ebenfalls ein Elternteil verliert. Clever.

Andererseits fehlt der Handlung dadurch in Teilen die dramaturgische und emotionale Fallhöhe. Am stärksten ist das bei der Beziehung zwischen Bruce und Alfred zu spüren, deren kompliziertes Verhältnis aufgrund des mangelnden Aufbaus zu keinem greifbaren „Payoff“ führt (ohnehin handelt es sich um einen Handlungsstrang, der in einer Fortsetzung oder gar in einem dritten Teil besser aufgehoben wäre; dann, wenn die Verknüpfung des Zuschauers auch mitgewachsen ist).

Grundsätzlich ist Reeves Ansatz stilistisch und auch in ihrer Geschichte weitestgehend über jedwede Kritik erhaben. Es gäbe hier und dort kleinere Kritikpunkte anzumerken, die dem großen Ganzen aber kaum schaden (Warum ist Batman z.B. noch unerfahren, aber seine Rüstung blockt bereits jedweden Angriff ab, sodass Batman selbst sein Gesicht in eine Explosion halten kann, ohne Schaden zu nehmen? Warum muss Gotham wieder, ähnlich bereits bei Nolan, so komischen geografischen Logiken unterliegen, die auf echte Städte niemals zutreffen würden? Warum muss der fast in sich perfekte „Standalone“-Film am Ende doch wieder eine Fortsetzung andeuten?).

Spannender ist eigentlich, wie Batman dieses Mal als Figur, als selbsternannter Rächer und gleichzeitig Hoffnungsschimmer für Gotham interpretiert wird. In der Hinsicht lässt sich „The Batman“ stark mit „Joker“ vergleichen, die beide zwar viel für ihren Protagonisten übrighaben, was Charakterentwicklung und Handlung angehen, aber auf gesellschaftspolitische Fragen kaum Antworten finden, ja sogar in Ansätzen problematisch sind („Joker“ deutlich mehr, der auch insgesamt der klar schwächere Film ist).

Beide Filme ähneln sich bereits in ihrem visuellen Stil und in dem, für das sie insgesamt im aktuellen Blockbuster-Kino stehen. Beide präsentieren ein zutiefst heruntergekommenes und deprimierendes Bild einer Stadt, welche in Kriminalität erstickt und kaum mehr zu retten scheint. Beide sind inszenatorisch und visuell einzigartig und beeindruckend, aber ihre Geschichte fühlt sich selbst manchmal cleverer als sie in Wirklichkeit ist (für „Joker“ trifft das deutlich mehr zu; für „The Batman“ trifft das zumindest in Teilen auf Riddlers Schnitzeljagd zu). Auch inhaltlich gibt es grundlegende Parallelen, z.B. der Fokus auf Väter und der Figur Thomas Wayne im Speziellen, die mehr oder weniger von ihren geglaubten Idealen entmystifiziert wird.

Letztlich stand bei der Figur Batman in den letzten Jahrzehnten aber auch häufig im Vordergrund, wofür diese Figur eigentlich steht. Welche Weltsicht besitzt Batman, für wen kämpft er in Wirklichkeit und welche Methoden wendet er dafür an? Sowohl „Joker“, als auch „The Batman“ greifen ganz stark die aktuelle gesellschaftspolitische Lage der Vereinigten Staaten auf. Beide zeichnen das Bild einer verdorbenen Gesellschaft und üben dabei vor allem Kritik am bestehenden Establishment.

Der Bösewicht Riddler gleicht hier in vielen Belangen dem Joker: Gesellschaftliche Umstände haben ihm zu dem gemacht, der er heute ist. Während die Politiker und Wohlhabenden Veränderung versprochen haben, ist in Wahrheit gar nichts geschehen und so erhebt sich nach und nach eine zurückgelassene, abgehängte und wütende Bürgerbewegung. „Joker“ vermittelte hier ein problematisches Bild, da er die Schuld für Jokers Taten einzig bei der Gesellschaft und letztlich den heuchelnden Politikern sah, somit die Taten einzelner und sich zusammenraufender Extremer rechtfertigte und für angemessen hielt.

„The Batman“ ist weniger problematisch und explizit, aber verweigert sich dafür auch einer konkreten Aussage und Antwort auf dieses Problem. Reeves Drehbuch spricht die Problematiken an, aber lässt sie überwiegend stehen und lässt vor allem Batmans Rolle darin weitestgehend offen. Batman bleibt in seiner Anlage eine neokonservative Figur, die zwar am Ende lernt, dass Hoffnung und Vorbildsein auch ganz sinnvoll ist, aber an der Lösung aller kriminellen Probleme, nämlich dem zu Brei schlagen aller Verbrecher, festhält.

„The Batman“ ist dadurch nicht durchgehend „konservativ“ oder gar „rechtskonservativ“, immerhin stoppt er die buchstäblich rechtsextremen Auswüchse des Riddlers. Zudem spricht der Film an, dass Bruce Wayne alias Batman aufgrund seines Reichtums und Einfluss immer privilegiert war und er sich nicht zu sehr bemitleiden sollte, wie andere an gleicher Stelle (aka dem Riddler).

Bezeichnend für das Dilemma der Figur ist aber dafür ein Dialog im Film, als die Bürgermeister-Kandidatin Bruce Wayne darauf anspricht, dass sie seine wohltätigen Bemühungen und Möglichkeiten vermisst. Bruce, völlig desinteressiert am Gespräch, watscht die zukünftige Bürgermeisterin geradezu ab, bleibt allein auf seinen Fall fokussiert und bis zum Ende im Glauben, dass er nur genügend Kriminelle vermöbeln muss, dann werden sich die Probleme der Stadt schon lösen.

The Batman© Warner Bros.

Somit fällt „The Batman“ in die Falle, in die auch so viele andere Superheldenfilme der letzten Jahre tappen: Man kritisiert aktuelle und reale Zustände, schafft dafür einen Bösewicht, der im Kern recht hat, aber aufgrund seiner verbrecherischen Methoden aufgehalten werden muss und dadurch der Status Quo letztendlich doch wiederhergestellt wird. Dadurch ist „The Batman“ zwar einer der besten Filme über Batman, der sich rein inszenatorisch und erzählerisch von allen anderen abhebt, jedoch in seinen übergreifenden Aussagen und Thematiken schweigsam, konventionell und ohne konkrete Lösungsansätze zeigt.

7.5 von 10.0

Die Kritik im Original auf Moviepilot

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Seite verwendet Cookies, um die Nutzerfreundlichkeit zu verbessern. Mit der weiteren Verwendung stimmst du dem zu.

Datenschutzerklärung