Tenet

Tenet© Warner Bros.

Was ist „Tenet“? Einerseits der erhoffte Publikumsmagnet und Neustart für die Kinos, andererseits Nolans neues, verworrene und zeitumkehrende „Meisterstück“. Vor allem ist „Tenet“ jedoch kein besonders guter Film, sondern womöglich Nolans schwächstes Werk seit so einigen Jahren. Aber ich kritisiere nicht mögliche Logikfehler, fehlenden Humor oder eine zu komplizierte Handlung. Jeder Zuschauer und Kritiker kann hier ohne Gesichtsverlust zugeben, den Film nach dem ersten Sehen nicht gänzlich verstanden zu haben.

Über die Funktionsweise der sogenannten Inversion wird in den nächsten Wochen vermutlich noch so mancher Erklärungsversuch erscheinen. Aber es ist gar nicht diese Inversion, diese Zeitumkehrung, die überkompliziert oder unverständlich ist. Es sind vielmehr die Basics beim Folgen und Nachvollziehen können einer springenden und sehr schnell inszenierten Geschichte, in der man weder den Weg von A nach B, noch die Charaktere und ihre Motive versteht.

Nolan hat schon immer kühl und distanziert inszeniert, ohne dabei den Zuschauer allzu sehr emotional involvieren zu können. Man kann Nolans Stil viel vorwerfen, aber dass die Figuren nun nicht mal mehr Hintergrundgeschichten, Motivationen oder etwas Fleisch erhalten, ist auch für diese Art Stil überraschend trocken und nichtssagend.

Im Gegensatz zur Inversion ist es aber eben die kaum nachvollziehbare, ziellose und spannungsarme Handlung, welche „Tenet“ zu einem phasenweisen belanglosen Abenteuer macht, in dem man die Actionszenen und Zeitsprünge einfach nur noch über sich ergehen lässt. Wer sind diese Figuren? Was ist ihr Ziel? Warum befinden wir uns gerade an diesem Ort? All das ist nur ein Setting; ein Szenario für ein neues, tolles Gimmick, welches sich Nolan an seinem Schreibtisch ausgedacht hat.

Die Inversion ist nett anzusehen, versetzt manchmal auch ins Staunen. Auf der technischen Seite kann „Tenet“ absolut nichts vorgeworfen werden. Für viele sind es die unterkühlten Figuren, verkopfte Erzählstrukturen oder ausufernden Expositionen, welche Nolans Arbeiten nachgesagt werden. Ich hingegen habe mir meistens mehr Sorgen um die unspektakulär inszenierte Action gemacht. Aber hier hat sich Nolan enorm gesteigert. „Tenet“ verfügt über die vielleicht besten Actionszenen aller Nolan-Filme. Keine Abstriche gibt es – wie zu erwarten – beim Soundtrack, der Kameraarbeit und der stilsicheren Inszenierung zu machen. Technisch gesehen ist „Tenet“ nahezu perfekt und definitiv ein wahres Kinoerlebnis.

Im narrativen Kern verbleibt allerdings nicht viel. Hier ist „Tenet“ hohl und scheitert an seiner verkopften Erzählstruktur sowie den nichtssagenden Figuren und Szenenabläufen, die sich einzig und allein dem Gimmick der Inversion zu unterwerfen scheinen. Dadurch entbehrt der Film auch jeglicher Spannung. „Tenet“ ist nicht langweilig, nein, die 150 Minuten verfliegen sogar. Aber irgendwie mitfiebern kann dabei niemand.

Es folgt einfach die nächste rückwärts und vorwärts ablaufende Actionsequenz bis plötzlich der Abspann läuft. Dabei ergeben im Übrigen auch die Vergleiche mit „Inception“ keinen Sinn. Wenn man sich irgendeinen Nolan-Film aussuchen müsste, dann käme „Inception“ der Idee von „Tenet“ vielleicht am ehesten nahe. Aber selbst das steht auf keinem Fundament. „Tenet“ ist etwas gänzlich anderes.

Tenet© Warner Bros.

Fazit: „Tenet“ ist ein technisch beeindruckender Film, der wie für die große Leinwand geschaffen ist. Christopher Nolan überspannt dieses Mal aber den Bogen und verlässt sich allein auf sein neues „Zeitumkehr“-Spielzeug, welches einen schlüssigen narrativen Fluss vernachlässigt und die belanglosen Figuren von einer in die nächste hübsche, aber leblose Sequenz jagt.

6.0 von 10.0

Die Kritik im Original auf Moviepilot

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