Star Wars: Die 9 größten Inspirationen und Einflüsse

Star Wars: Ein Original-Poster aus dem Jahr 1977© Lucasfilm/Disney
Ein Original-Poster aus dem Jahr 1977

Die Generation von George Lucas war eine der Ersten, welche weder aus dem Hollywood-System hervorging, noch ihr Filmwissen und Können auf Grundlage von Theaterstücken oder Romanvorlagen herleitete. Die jungen Regisseure lernten Film als eigenes Medium an den amerikanischen Filmschulen und wuchsen durch das Zeitalter des Fernsehens mit zahlreichen Genres und Kinoklassikern auf. Diese Generation ließ sich ausgiebig von jenen Werken inspirieren.

Star Wars ist ein Konglomerat aus zahlreichen Abenteuer- und Actionfilmen, Western sowie Monumentalfilmen der goldenen Hollywood-Ära. Star Wars ist jedoch ebenso ein Erbe von George Lucas‘ prägender Studentenzeit, in der experimentelles Kino, Stummfilme und ausländische Autorenfilme im Zentrum standen. Der Charakter der sechsteiligen Film-Saga ergibt sich aus vielen verschiedenen Genres und stilistischen Mitteln, derer sich (bis auf die Grundlagen) die wenigsten Zuschauer bewusst sind.

Im Folgenden stellt der Artikel neun zentrale Inspirationsquellen vor, die George Lucas bei der Erschaffung von Star Wars beeinflusst haben. Darunter verbergen sich dutzende alte Klassiker, Genres und avantgardistische Meisterwerke. Einige davon sind als spirituelle Vorgänger der Sternen-Saga wohlbekannt, andere wiederum weniger; der Einfluss einiger wird dabei überschätzt, während die Bedeutung anderer wiederum enorm unterschätzt wird. Ein Blick auf diese Filme trägt dazu bei, um George Lucas’ Star Wars besser kennenzulernen und einordnen zu können.

Saturday Matinee Serials und klassischen Abenteuerfilme

© Warner Bros.
Filmposter zu Flash Gordon (1936) und Robin Hood (1938)

Star Wars is a classic story, an old-style narrative, even blatantly old-fashioned. I wanted to know, if I could do it.”

George Lucas[1]

Die ersten Einflüsse auf das Star-Wars-Universum, welche immer wieder genannt werden, sind die Flash-Gordon- und Buck-Rogers-Serials der 1930er und 1940er Jahre. George Lucas ist vor allem in seiner frühen Kindheit mit jenen Comic-Adaptionen aufgewachsen.

Bevor er damit angefangen hat Star Wars zu schreiben, hat er sogar zunächst versucht, die Rechte an Flash Gordon zu erwerben. Als dieser Versuch aufgrund mangelnden Kapitals misslang, entschloss er sich, die ganzen Figuren für einen zeitgenössischen Action-Fantasy-Film einfach selbst zu erfinden. Besonders der erste Star-Wars-Film (1977) ist bezüglich der Figurenkonstellationen von den alten Serials beeinflusst.

Hinzu kommt das Konzept einer zusammenhängenden Reihe über mehrere Teile bzw. Filme. Auch der berühmte „Opening Crawl“ ist von Flash Gordon inspiriert. In der Inszenierung und Struktur der Comic-Serials finden sich jedoch alle Star-Wars-Filme wieder: Helden gegen Bösewichte, die sich in immer neuen Abenteuern wiederfinden; ein seltsamer Mix aus Magie und Technologie; beeindruckende Bilder mit Strahlenkanonen, Zauberern, Raumschiffen und Raumschlachten.[2]

Zu einer weiteren Inspirationsquelle zählen dabei ebenso die alten Action-Abenteuer-Filme mit Hollywood-Star Errol Flynn. George Lucas übernahm hiervon selten bestimmte Elemente, sondern mischte seine Eindrücke zu einer eigenen Version zusammen. So gibt es keine direkten Referenzen auf Robin Hood, König der Vagabunden, aber der Stil und Ton ist sehr ähnlich zum ersten Star-Wars-Film (u.a. die Schwertduelle sowie eine geheime Rebellion gegen einen Tyrannen).[3]

All diese Einflüsse kamen mit anderen Elementen zusammen und formten eine seltsame Mischung aus Themen und Motiven, mit denen Lucas aufgewachsen ist.

Der Kriegsfilm der 1950er und 1960er Jahre

© Warner Bros
Filmposter zu The Dam Busters (1955), 633 Squadron (1964) und Battle of the Bulge (1965)

„Every time there was a war movie on television (…) I would watch it – and if there was a dogfight sequence, I would videotape it.”

George Lucas[4]

Während sich der Einfluss der frühen Comic-Serials mehr tonal auf Star Wars auswirkte – und deren Einwirken auf die Saga sicherlich überschätzt wird –, findet sich der Kriegsfilm der 1950er und 1960er Jahre deutlich stärker in der Inszenierung wieder. Insbesondere die Raumschlachten sind direkt von Filmen wie The Dam Busters, Battle of Britain, Where Eagles Dare und 633 Squadron inspiriert.[5]

George Lucas hat mehrere Luftgefechte der Filme aufgenommen und direkt in die Rohfassung seines Films geschnitten. Diese dienten bis zur Fertigstellung der finalen Einstellungen als Platzhalter und gaben den Cuttern und ILM-Mitarbeitern exakt vor, wie die Action zu schneiden ist. Der Angriff auf den Todesstern im ersten Star Wars bildet auch eine inhaltliche Verknüpfung zu den Filmen: In The Dam Busters soll ein deutscher Damm zerstört werden, was nur mit speziellen Bomben und einem präzisen Flugmanöver knapp 20 Meter über der Wasseroberfläche gelingen kann.

Neben visuellen und thematischen Ähnlichkeiten übernimmt Star Wars auch einige abgewandelte Dialoge und Interaktionen der Charaktere. Im Film Battle of the Bulge fällt bspw. der ikonische Satz „I’ve got a bad feeling about this”, während die Geschichte ikonografisch und inhaltlich weite Teile von The Empire Strikes Back und Return of the Jedi widerspiegelt: Die Guten befinden sich auf der Flucht und geraten in die bewusst platzierte Falle der deutschen Angreifer.

Alle Star-Wars-Filme übernehmen inszenatorisch das Wesen des Zweiten Weltkrieges, d.h. wie sich Flugzeuge im Raum bewegen und wie sie klingen. Der Schnitt und die Action sind sehr schnell. Dazu gehört ebenso die gesamte Ikonografie des Imperiums: Darth Vaders Auftritt und Rüstung entsprechen einem SS-Offizier, wohingegen die immer wiederkehrenden weiten Aufnahmen der imperialen Truppen von Leni Riefenstahls Triumph des Willens inspiriert sind. Die Inspiration für Kanzler Palpatines Aufstieg erklärt sich dadurch von selbst.

Der Western

© Lucasfilm/Disney
Eine ähnliche Szenerie: Attack of the Clone (2002) und The Searchers (1956)

„I’m working on a western movie set in outer space. Don’t worry, ten-year-old boys will love it.”

George Lucas[6]

Womöglich noch einflussreicher als die beiden ersten Beispiele ist der Western. Dabei ist das Genre zunächst in den klassischen Western der 1950er Jahre und in den später folgenden Italowestern der 1960er Jahre zu unterteilen. Beide Subgenres hatten hinsichtlich der Inszenierung, dem Charakterdesign und der Handlungsstruktur bis auf die moderne Prequel-Trilogie Einfluss auf George Lucas‘ Star Wars.

Die Figur Han Solo ist eindeutig einem „Gunslinger“ nach John Wayne nachempfunden, während Charakteren wie Jango und Boba Fett im Stile Clint Eastwoods „Man With No Name“ agieren. Derweil spiegelt Luke und Anakin Skywalkers Suche und Verlust ihrer Eltern die Geschichte von The Searchers wider. Dabei geht Lucas mit Episode II sogar so stark ins Detail, dass die Sequenz von Anakins Suche nach seiner Mutter eine durchgehende Referenz an John Waynes Suche nach seiner Nichte in The Searchers ist.

Ähnlich verhält es sich mit Sergio Leones Dollar-Trilogie, wobei hier vor allem der letzte Teil The Good, the Bad and the Ugly sowie der eigenständige Nachfolger Once Upon a Time in the West zu nennen sind. Nicht nur die berühmten sowie wiederkehrenden Close-ups auf die Gesichter der Protagonisten erinnern an die Vorbilder, sondern auch bspw. das melodramatische Duell zwischen Charles Bronson und Henry Fonda, welches stilistisch der finalen Konfrontation von Anakin und Obi-Wan gleichkommt.

Der Western war für viele Regisseure der damaligen Zeit wegweisend. Für George Lucas war er in der Kindheit so präsent, dass in all seinen Star-Wars-Filmen zahlreiche Anspielungen zu finden sind: „Westerns were very big when I was growing up. When we finally got a television there was a whole run of westerns on television. (…) I think those were very influential in my enjoyment of movies.”[7]

Akira Kurosawa – Von Seven Samurai bis Ran

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Die Geschichte aus der untersten Perspektive: The Hidden Fortress (1958) und Star Wars (1977)

„The one thing that really struck me about Hidden Fortress, and I was really intrigued by, was the fact that the story was told from the two lowest characters. I decided that that would be a nice way to tell a Star Wars story.”

George Lucas[8]

Ein Regisseur, der sicherlich am häufigsten genannt wird, ist Akira Kurosawa. Der japanische Filmemacher hat neben George Lucas vermutlich nahezu jeden nachfolgenden Regisseur in irgendeiner Form beeinflusst. Besonders in Lucas‘ Generation von Filmenthusiasten war er hoch angesehen. Bis heute gilt er als einer der einflussreichsten und besten Regisseure des 20. Jahrhunderts.

Sein Film The Hidden Fortress wird in Bezug auf Star Wars meistens im selben Atemzug mit Flash Gordon genannt. Mit einem näheren Blick auf Kurosawas Filmografie, vor allem auf seine Samurai-Filme, fällt allerdings auf, wie viel tiefer die Parallelen zu Star Wars gehen. Es sind nicht nur das Abenteuer aus The Hidden Fortress und dessen Charaktere, die Lucas in einem frühen Drehbuchentwurf nahezu 1 zu 1 kopiert hatte. Es sind nicht nur die Droiden als niedrigste Charaktere, die Prinzessin und der alte General als Protagonisten.

Die Themen von Star Wars ziehen sich tatsächlich durch viele Werke von Kurosawa. Dazu gehört zum Beispiel die Adaption von Shakespeare-Stücken mit Throne of Blood und Ran. Wenn die Prequel-Trilogie mit einem Wort zusammenzufassen wäre, dann würde dieses wohl „shakespearean“ lauten. Selbsterfüllende Prophezeiungen und melodramatische Tragödien finden sich in beiden Filmografien wieder.

Hinzu kommen Kurosawas Liebe und Stärke für die Komposition aus Bild und Sound. Sein Stil entspricht meist noch dem der Stummfilm-Ära, in der nicht Dialoge wichtig waren, sondern die Synthese aus kraftvoller Musik und visuellem Storytelling. Genau hierin liegen auch die Vorlieben von George Lucas.

Schließlich darf nicht außer Acht gelassen werden, dass Kurosawas Jidai-geki, wie Seven Samurai oder Yojimbo, Hand in Hand mit den amerikanischen Western gingen. Beide Genres haben sich gegenseitig enorm beeinflusst und reproduziert. Akira Kurosawa gilt als Bewunderer von John Ford, der mit seinen Western einen großen Einfluss auf Kurosawas Filme hatte. Wer Star Wars verstehen möchte, sollte einen weitreichenderen Blick auf Kurosawas Schaffen werfen.[9]

Altmodische, klassische Liebesdramen

© Lucasfilm/Disney
Filmposter zu Doctor Zhivago (1965) und Attack of the Clones (2002)

„The challenge was that I wanted to tell a love story in a style that was extremly old-fashioned, (…). Most people don’t understand the style of Star Wars. They don’t get that there is an underlying motif (…).“

George Lucas[10]

Eine wichtige, aber überwiegend unterschätze Inspirationsquelle für Lucas’ Star Wars sind die großen Liebesdramen Hollywoods zwischen den 1930er und 1960er Jahren. Der Mittelteil beider Trilogien beinhaltet jeweils eine Liebesgeschichte als zentrales Handlungselement. Obgleich sie sehr unterschiedlich rezipiert wurden, verfügen beide über die gleichen Vorlagen.

Die romantische Beziehung zwischen Han Solo und Leia Organa, sowie Anakin Skywalker und Padmé Amidala basieren auf sehr melodramatischen Werken wie Gone with the Wind, Casablanca und Doctor Zhivago. Dabei hat Casablanca mit seinem Ambiente, Nachtclub und Ricks Charakterisierung ebenso eine starke Verbindung zum ersten Star Wars und wird sicherlich eine Inspiration für Han Solo und die Cantina auf Tatooine gewesen sein.

Definitiv nachweislich sind jedoch die Figuren Rhett Buttler, Scarlett O’Hara und Ashley Wilkes aus Gone with the Wind die Inspiration für das Star-Wars-Trio aus The Empire Strikes Back gewesen. Das bestätigte George Lucas gegenüber seiner ersten Drehbuchautorin für Episode V. Es ist zu bedenken, dass zum damaligen Zeitpunkt noch nicht entschieden war, dass Leia Organa Luke Skywalkers Schwester sein sollte. Daher funktionieren alle drei als ein konkurrierendes Gespann, bei dem nicht klar ist, ob Han Solo es tatsächlich schaffen wird, Leia für sich zu erobern oder ob sie nicht doch in Luke verliebt ist.

Star Wars Episode II ist sicherlich auch von diesen Filmen beeinflusst worden, was nicht zuletzt an den sehr altmodischen Dialogen und dem Schauspiel zu erkennen ist. Als Referenz für Anakin und Padmes Beziehung lässt sich jedoch vermutlich am ehesten Doctor Zhivago nennen. Nicht nur die Reise als Flüchtlinge in ein weit entferntes, idyllisches Dorf erinnert daran, sondern auch die Szenerie sowie der Verlauf einer verbotenen und letztlich tragisch endenden Liebesgeschichte.

Es ist faszinierend, dass Episode II in dieser Hinsicht bis heute so sehr missverstanden wird, spiegelt der Film doch genau den Stil von diesen berühmten Romanzen wider. Vermutlich ist es die direkte und bewusst unbeholfene Art, in der George Lucas‘ die Geschichte inszeniert hat.

David Lean und der Monumentalfilm

© Lucasfilm/Disney
Eine bekannte Konfrontation: Revenge of the Sith (2005) und Ben Hur (1959)

Neben Regiegrößen wie Akira Kurosawa gab es natürlich auch andere Regisseure, die von George Lucas und seinen Kollegen hochgeschätzt wurden. Einer davon war sicherlich David Lean, der neben Doctor Zhivago für viele weitere Klassiker berühmt ist. Dazu zählen vor allem Lawrence of Arabia und Bridge on the River Kwai.

Star-Wars-Zuschauern wird zuallererst auffallen, dass in allen drei Lean-Filmen Obi-Wan-Darsteller Alec Guinness zur vorderen Besetzung gehört. Regisseur David Lean (aber auch John Ford) wurde durch Lawrence of Arabia auch aufgrund seiner weiten Aufnahmen und der Einbindung der Natur als wichtigen „Protagonisten“ bekannt. Immer wenn sich ein Film großen Wüstenaufnahmen bedient, dann kann das in der Regel als Lean-Inspiration gewertet werden. Und so setzt sie Star Wars vor allem auf Tatooine ein.

Inhaltlich lassen sich zwar eher weniger spannende Gemeinsamkeiten feststellen – zu nennen wären wohl der unmittelbare Grenzkrieg gegen eine größere Macht oder T. E. Lawrences zunächst unbeholfener Auftritt, der jedoch in Alec Guinness‘ Figur einen hoch angesehenen Krieger findet –, aber dafür sind immer wieder visuelle und thematische Hommagen in Star Wars anzutreffen.

Am auffälligsten ist dabei eine Szene aus Episode II, die genauso wie das britische Hauptquartier aus Lawrence of Arabia in Sevilla gedreht wurde. Zudem ergibt sich eine übergreifende Parallele zu Anakin und T. E. Lawrence: Beide stehen zu diesem Zeitpunkt kurz vor ihrem unmittelbaren persönlichen Zerfall und Niedergang.

Womöglich noch klarer sind jedoch die Parallelen zum Historien-Epos Ben Hur. Vorne weg ist dabei das berühmte Wagenrennen zu nennen, welches den meisten Beobachtern als Erstes in den Sinn kommt, wenn das atemberaubende Podrennen in Episode I beginnt (wobei unterschätzt wird, wie stark die Sequenz auch vom Film Grand Prix beeinflusst ist).

Noch bemerkenswerter ist die inhaltliche und thematische Gemeinsamkeit zu den Protagonisten Judah Ben Hur und Messala. Ihr Konflikt erinnert nicht nur bereits stark an Obi-Wan und Anakin, sondern die gesamte Reise Ben Hurs spiegelt in mehreren Abschnitten die Reise Anakins wider. Letztlich verbindet beide Odysseen der Niedergang des Helden und die anschließende Erlösung durch eine göttliche Fügung. Es sind Geschichten der bedingungslosen Liebe und fürchterlichen Rache; beide wunderschön in ihrer erzählerischen und visuellen Ausführung.

Science-Fiction – Von Metropolis bis THX 1138

© Lucasfilm/Disney
George Lucas verwendet Themen wieder: THX 1138 (1971) und Attack of the Clones (2002)

Star Wars is a mixture of Lawrence of Arabia, the James Bond films and 2001.”

George Lucas[11]

Für die einen ist Star Wars Fantasy, für die anderen ist Star Wars Science-Fiction. Einem genauen Genre ist das Franchise schwer zuzuordnen, weswegen eine Einigung auf „Science-Fantasy“ wohl ganz passend ist. Aber neben den Action-Abenteuern, wie die Flash-Gordon- und Buck-Rogers-Serials, welche konkreten oder spirituellen Vorgänger lassen sich eigentlich nennen? Von welchen Science-Fiction-Filmen wurde George Lucas am stärksten beeinflusst?

An erster Stelle ist sicherlich Lucas‘ eigenes vorangegangenes Werk THX 1138 zu nennen, welches sich einem Science-Fiction-Setting bedient und als sein erster Spiel- sowie Experimentalfilm als eine der spannendsten Dystopie-Darstellungen in die Filmgeschichte einging. Lucas zitiert sein erstes Werk inhaltlich und visuell immer wieder in Star Wars. Am auffälligsten ist das gesamte Interieur der Klonanlage auf Kamino in Episode II.

Schon THX 1138 ist jedoch als geistiger Nachfolger von Fritz Langs expressionistischen Stummfilm-Meisterwerk Metropolis zu verstehen. Dieser Film hat vermutlich jeden moderneren Science-Fiction-Film in einer bestimmten Form beeinflusst. In THX 1138 ist es die unterdrückte Gesellschaft, in Blade Runner und den Star-Wars-Prequels sind es die futuristischen Städte, und C-3PO gilt seit 1977 als vom Maschinen-Menschen beeinflusster Droide.

Noch wichtiger ist womöglich Kubricks 2001: A Space Odyssey, der bis heute als einer der einflussreichsten Science-Fiction-Filme aller Zeiten gilt. Metropolis und 2001 dürften Star Wars einerseits hinsichtlich des Einsatzes klassischer Musik und der Stummfilm-Ära entsprungenen Kameraarbeit beeinflusst haben. Kubricks 2001 ist andererseits als Gradmesser dafür zu nehmen, was Star Wars nicht (!) ist.

George Lucas und seinem Team gelang es mit Star Wars das erste Mal eine dynamische sowie dramatische Inszenierung von Weltraum-Schiffen. Die energetische Darstellung von Raumkämpfen konnte erst durch neue computergesteuerte Kameratechniken hergestellt werden. Obwohl Kubrick ohnehin an einer realistischen Darstellung des Weltalls interessiert war, wäre diese Art der Inszenierung zuvor nicht möglich gewesen. Letztlich beginnt und endet Lucas‘ Star Wars sozusagen mit einer 2001-Hommage: Eine der ersten Konzeptzeichnungen von Ralph McQuarrie aus den 1970ern und die Totale von Polis Massa aus Episode III zitieren Kubricks Klassiker.

Der Ursprung – Eisenstein und experimentelles Kino

Eine ikonische Szene: Battleship Potemkin (1925)

„I’m a strong believer in cinema as cinema – not as a literary medium and not as a musical medium and not as a theatrical medium – but cinema as the moving image.”

George Lucas[12]

Nach einem kurzen Blick auf Lucas’ ersten Kinofilm THX 1138 und den altmodischen Hollywood-Liebesdramen, gibt es nur eine Kategorie, die noch weniger beachtet, wenn überhaupt registriert wird, und das ist das frühe experimentelle Kino der Sowjetunion und der Stummfilm-Ära. Flash Gordon oder Kurosawa-Filme sind tatsächlich nur die Oberfläche und meiner Meinung nach ist es enorm unterbewertet, wie sehr George Lucas von russischen Regisseuren wie Sergei Eisenstein geprägt wurde.

Vermutlich sind sich dieser Tatsache die wenigsten Zuschauer bewusst. In den meisten Publikationen zu Star Wars wird darauf auch nur wenig eingegangen (wenn denn überhaupt darauf eingegangen wird) und auch George Lucas spricht darüber nur selten. Aber selbst wenn darüber gesprochen wird, die Verknüpfung zu Star Wars stellen nur die wenigsten Beobachter her.

Einer der größten Inspirationen für Lucas an seiner Filmschule USC war der serbische Regisseur Slavko Vorkapich, bei dem es sich um einen ehemaligen Kollegen Sergei Eisensteins – bis heute durch sein Meisterwerk Battleship Potemkin bekannt – gehandelt hat. Beide sind in den 1920er Jahren Wegbereiter für die Kunst des Filmschnitts gewesen.

Das Experimentieren mit Montage und das Gegenüberstellen von verschiedensten Bildern durch eine Vielzahl von Schnitttechniken machte sie bekannt. Damit funktionierte der Film vor allem auf visueller Ebene und die Übertragung von Emotionen sollte ausschließlich durch pure filmische Techniken vermittelt werden. Die klassischen Erzählformen, wie man sie heutzutage gewohnt ist, gerieten damit in den Hintergrund.

Nicht erst in THX 1138, sondern schon in Lucas’ frühen Studentenfilmen ist dieser Ansatz durchgängig zu erkennen. Filme wie Look at Life, Freiheit, Herbie, 1:42.08 und The Emperor zeigen den wahren Ursprung von Lucas‘ Filmschaffen: avantgardistisch, dokumentarisch, audiovisuell, off-beat und dem Prinzip des Cinéma pur verschrieben.[13]

Spätestens nach der Beendigung der Original-Trilogie galt George Lucas als dieser großartige Blockbuster-Regisseur, der er jedoch nie war und als der er sich nie sah. Während der Produktion von Revenge of the Sith und der einhergehenden Restaurierung seines Films THX 1138 merkte Lucas nur melancholisch an: „People have forgotten where I came from.“[14]

Citizen Kane und die (digitale) Revolution des Kinos

© Lucasfilm/Disney
Die Zukunft: Der Regisseur und seine digitale Filmkamera

„My feeling is that the artist needs to be free, not to have to think about how he’s going to accomplish something, or if he can afford to accomplish something. He should be able to let his imagination run wild without a lot of constrains. And that’s what digital is allowing us to do.“

George Lucas[15]

Die letzte Kategorie ist mehr eine technologische und zeithistorische, als eine thematische und inhaltliche Verbindung. Citizen Kane gehört zu den besten und einflussreichsten Filmen aller Zeiten. Der Vergleich zur Star-Wars-Saga liegt auf den ersten Blick nicht unbedingt auf der Hand. Einige inhaltliche Parallelen sind sicherlich herzustellen: Die Geschichten von Charles Foster Kane und Anakin Skywalker weisen ein paar Gemeinsamkeiten auf und hinsichtlich der Inszenierung und Bildkomposition bedient sich George Lucas durchaus an Welles Meisterwerk (z.B. an Kanes Wahlkampagne und Rede für die Darstellung von Palpatines Aufstieg).

Deutlich wichtiger als das sind jedoch die technischen Komponenten der beiden Filme. Citizen Kane war einer dieser Filme, die das verändert haben, was zu jener Zeit für möglich gehalten wurde. Und so tat es Star Wars – mindestens zweimal. Welles Citizen Kane war nämlich neben seiner brillanten Erzählung vor allem ein technologisches Wunder. Welles nutzte zu seiner Zeit alle möglichen Spezialeffekte und Kameratricks, die ihm zur Verfügung standen. Viele beeindruckende Einstellungen basierten auf visuellen Tricks und nachträglich kombinierten Bildern.

Star Wars revolutionierte 1977 erst die Industrie hinsichtlich seiner bahnbrechenden Spezialeffekte, später übertrafen George Lucas und ILM mit der Prequel-Trilogie nochmal sich selbst. Bis heute wird nicht vollständig anerkannt, wie stark Lucas das heutige Kino mit dem Vorantreiben von digitaler Technologie beeinflusst hat. Es wird sich leider eher über das digitale Aussehen der Trilogie amüsiert, anstatt zu verstehen, dass die Prequels die ersten großen Filme waren, die mit digitalen Kameras, digitalen Effekten und einem digitalen Auswertungsverfahrungen wichtige Pionierarbeit leisteten.

Lucas ließ die entsprechenden Kameras entwickeln, brachte die Ausrüstung von digitalen Projektoren voran und begann den Entstehungsprozess seiner Filme so weit zu digitalisieren, dass den Kreativen von heute keine Grenzen mehr bei der Erstellung und Bearbeitungen von Filmen gesetzt sind.[16]

Darüber hinaus perfektionierte Lucas das sogenannte „three-dimensional editing“, mit dem Welles bereits experimentierte, um Darsteller aus zwei verschiedenen Einstellungen in ein Bild zu überführen. In den Episode I-III verschob Lucas regelmäßig Figuren im Bild – erst durch Bluescreen-Aufnahmen und der digitalen Nachbearbeitung möglich –, um am Ende die bestmögliche Leistung aller Schauspieler zusammenzufügen.[17]

Während der Vorproduktion von Episode II wurde Produzent Rick McCallum einmal gefragt, wie lang es denn noch dauern würde, bis George Lucas das Drehbuch fertiggestellt hat, worauf er symbolisch antwortete: „I don’t know (…)! It’s like Citizen Kane – the script was finished two days before the film started shooting. This is about serendipity, alchemy – it comes together when it does.“[18]

Sind Euch beim Schauen der Star-Wars-Filme auch schon mal Hommagen aufgefallen? Welche filmischen Einflüsse haltet Ihr für am wichtigsten?

Quellenangaben

Quellenangaben
1 Marcus Hearn, The Cinema of George Lucas, S. 83.
2 Michael Kaminski, The Secret History of Star Wars, S. 42-44.
3 Michael Kaminski, The Secret History of Star Wars, S. 65-66.
4 J. W. Rinzler, The Making of Star Wars, S. 15.
5 Michael Kaminski, The Secret History of Star Wars, S. 89-90.
6 Michael Kaminski, The Secret History of Star Wars, S. 8.
7 Academy of Achievement interview, June 19, 1999.
8 Criterion, Kurosawa: The Samurai Collection, 2001
9 Vgl. auch die Parallelen zu Hiroshi Inagakis Samurai Trilogie in Michael Kaminski, The Secret History of Star Wars, S. 344-346.
10 Jody Duncan, Mythmaking: Behind the Scenes of Star Wars: Episode 2: Attack of the Clones, S. 89, 91.
11 Michael Kaminski, The Secret History of Star Wars, S. 61.
12 J. W. Rinzler, The Making of Revenge of the Sith, S. 12.
13 Power of Story: Visions of Independence at 2015 Sundance Film Festival.
14 J. W. Rinzler, The Making of Revenge of the Sith, S. 163.
15 Paul Duncan, The Star Wars Archives. 1999-2005, S. 403.
16 Paul Duncan, The Star Wars Archives. 1999-2005, S. 225ff.
17 Paul Duncan, The Star Wars Archives. 1999-2005, S. 344, 346, 504.
18 Michael Kaminski, The Secret History of Star Wars, S. 394.

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