„Red Tails“ ist für George Lucas eine bedeutende Geschichte gewesen. Bereits in den frühen 90ern plante er einen Film über die sogenannten „Tuskegee Airmen“, die im Zweiten Weltkrieg als afroamerikanische Fliegerstaffel gedient haben. Dazwischen kamen ihm jedoch die Star-Wars-Prequels und es sollte bis zum Jahr 2012 dauern bis das Projekt den Weg auf die Kinoleinwand fand. Dann auch nicht mehr als Regisseur oder Drehbuchautor, sondern nur noch als Produzent.
Der Biograf und Autor Brian Jay Jones – der im Jahr 2017 eine Biografie über George Lucas geschrieben hat – wurde einmal in einem Interview gefragt, welche Gründe seiner Meinung nach für Lucas‘ Entscheidung bezüglich des Verkaufs von Lucasfilm (und seinen endgültigen Rückzug aus der Filmindustrie) ausschlaggebend waren. Jones kam zu dem Schluss, dass weder die gescholtenen Prequels, noch der vierte Indiana-Jones-Film einen großen Anteil daran hatten, sondern viel mehr die schwierige Produktion von „Red Tails“ dafür verantwortlich war. Dieses Herzensprojekt hat George Lucas gebrochen und endgültig seinen Glauben ins Hollywood-/Studiosystem verlieren lassen.
Kein Studio wollte „Red Tails“ haben, sei es die Finanzierung zu übernehmen, noch die Vermarktung des Films zu gewährleisten. Ein Film mit einem komplett schwarzen Cast war angeblich ein zu großes Risiko. Am Ende finanzierte Lucas die 58 Millionen Dollar Budget aus eigener Tasche, plus 35 Millionen Dollar für das Marketing. Belohnt wurde er mit einem katastrophalen Box-Office-Flop, der es lediglich dazu vermochte ca. 50 Millionen Dollar an den Kinokassen einzuspielen.
„Red Tails“ war seiner Zeit möglicherweise voraus. Selbst bei einem Film wie „Black Panther“ (2018) kann nur spekuliert werden, welchen Erfolg der Film wohl ohne die Marktmacht von Disney und den Anschub des MCUs gehabt hätte. Lucas bezeichnet seinen Film gerne als ersten Blockbuster mit einem komplett schwarzen Cast. Der erste Film mit afroamerikanischen Protagonisten war „Red Tails“ natürlich nicht, aber mit diesem ordentlichen Budget ist jener sicherlich ein Pionier gewesen. Vor allem, wenn man bedenkt, wie der Cast tatsächlich aufgestellt ist: Bis auf unwichtige Randfiguren, wie bspw. die Rolle von Bryan Cranston (der in nur zwei Szenen vorkommt), verfügt „Red Tails“ über keine weißen Darsteller. Und das bezieht die Produktion mit ein; der Regisseur, die beiden Drehbuchautoren und der Komponist.
Macht das den Film in irgendeiner Form besser? Nein, offensichtlich nicht. „Red Tails“ ist kein besonders guter Film. So wie George Lucas sich diesen Film in den 90ern erdacht hat, scheint auch das finale Produkt in diesem Jahrzehnt hängen geblieben zu sein. „Red Tails“ mag ambitioniert gewesen sein, mit dem Herz am richtigen Fleck. Dramaturgisch ergibt sich daraus jedoch eine Aneinanderreihung von Actionszenen, sowie eine Klischee-Handlung mit Klischee-Charakteren. Dieser Film möchte groß, episch, bedeutsam und inspirierend sein, verkommt aber leider zu einem emotional flachen, mäßig inszenierten Fliegerdrama. Selbst der gut gemeinte Patriotismus und die bedeutungsschwanger aufgeladenen Drama- sowie Actionsequenzen hätten auch im Jahr 2012 schon nicht mehr viel reißen können – vielleicht eher Ende der 1990er.
„They [black teenagers] have a right to have their history just like anybody else does. And they have a right to have it kind of Hollywood-ized and aggrandized and made corny and wonderful just like anybody else does. Even if that’s not the fashion right now.“
George Lucas[1]
Der Grundkonflikt bzw. die Auseinandersetzung zwischen den „Rassen“ in der damaligen Zeit funktioniert da noch am besten. Auch der Cast ist wirklich gut gewählt. Es gibt überraschend viele bekannte und große Darsteller und das Team aus Piloten, welches man hier zusammengestellt hat, harmoniert hervorragend. „Red Tails“ hat aber leider einfach keine gute Dramaturgie, springt von Action zu Action, ohne nennenswerte Fallhöhe. Außerdem ist der Schnitt des Films teilweise sehr merkwürdig, da es der Regisseur so eilig haben zu scheint, dass bei wichtigen oder emotionalen Charaktermomenten einfach vorzeitig weggeschnitten wird.
Darüber hinaus macht sich das schmale Budget bemerkbar. Auch im Jahr 2012 sind 58 Millionen Dollar für so eine Art Film nicht viel gewesen. Über die auffälligen, schlicht zu digital anmutenden Dogfights muss ich wohl keine großen Worte verlieren. ILM saß hier nicht Vollzeit dran, sondern die Effektproduktion wurde teilweise auf deutsche und tschechische Firmen ausgelagert. Auch wenn ich mit viel CGI kein Problem habe, war die Optik zu diesem Zeitpunkt einfach kein qualitativer Standard mehr. Da reißt dann auch die Inszenierung wenig raus. Man spürt die Unerfahrenheit von Anthony Hemingway, der bis dahin nur einige wenige Episoden für US-Serien gedreht hatte.
„Red Tails“ mag an seinen Ambitionen und gehemmt durch Finanzierungsquälereien gescheitert sein. Dieser Film ist nicht gut; bei den Kritikern ist er eiskalt durchgefallen. Aber als Teil von Lucas und „Star Wars“ ist dieses Projekt von großer Bedeutung:
„I’m retiring. I’m moving away from the business, from the company, from all this kind of stuff.“
George Lucas[2]
Einige Wochen nach der verheerenden Premiere von „Red Tails“ sollte Lucas zum Telefon greifen und seine alte Freundin Kathleen Kennedy anrufen…
5.5 von 10.0
Die Kritik im Original auf Moviepilot
Quellenangaben
↑1 | Bryan Curtis, George Lucas Is Ready to Roll the Credits, The New York Times Magazine, January 2012. |
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↑2 | Bryan Curtis, George Lucas Is Ready to Roll the Credits, The New York Times Magazine, January 2012. |