Obi-Wan Kenobi – Kritik und Review

Obi-Wan Kenobi© Disney

Eines kann man der Serie nicht nehmen: Allein für die Marketing-Kampagne und Promo-Tour mit Ewan McGregor und Hayden Christensen hat sich die Existenz der Serie „Obi-Wan Kenobi“ bereits ausgezahlt. Beide wiederzusehen und über ihre Erfahrungen mit Star Wars reden zu hören, war es das Ganze wert. Vor allem Haydens Rückkehr, der die Schauspielerei eigentlich schon seit Jahren aufgegeben hat, stand sinnbildlich für die „Redemption“ seiner Figur und die aufblühende Liebe für die Prequel-Trilogie. Egal, was diese Serie letztendlich geworden ist, beiden gönne ich die fulminante Rückkehr. Symbolisch bedeutet mir das sehr viel.

Aber dann ist da ja leider noch die sechsteilige Serie an sich. Vorne weg sei zu sagen, dass meine Erwartungen bereits sehr niedrig waren. Dass dieses ganze Projekt unnötig werden, den Kanon brechen und vermutlich nicht mit überragendem Writing um die Ecke kommen wird, darauf habe ich mich lange Zeit eingestellt. Man muss sich nur die letzten Jahre vor Augen führen, dann weiß man, dass „Star Wars“ nur noch maximal zu unterem Mittelmaß fähig ist.

Allerdings hat es „Obi-Wan Kenobi“ sogar geschafft, selbst diese relativ niedrig angesetzten Erwartungen nochmal zu unterwandern. Respekt. Über weite Strecken ist man sich nicht sicher, ob man einen soliden Fan-Film auf YouTube schaut oder ob das wirklich die millionenschwere Obi-Wan-Serie sein soll, auf die Fans nun seit Jahren hin gefiebert haben. Die zuvor hochgelobte Regisseurin des ganzen Projekts Deborah Chow liefert eine nahezu unterirdische und stümperhafte Leistung ab. Mit einem vernünftigen Writing habe ich vielleicht schon seit Jahren abgeschlossen, aber dass selbst die Inszenierung derart peinlich und schlecht ausfällt, damit hätte ich nicht gerechnet.

Die Optik der ganzen Show kommt billig daher, das Color Grading entspricht einem Fan-Film und die Kameraarbeit ist selbst für Laien auffallend schlecht. Hinsichtlich der Inszenierung und des Schnittes stimmt über weite Strecken gar nichts. In Deborah Chow haben zu Recht viele Leute viel Hoffnung gesteckt, immerhin inszenierte sie zwei der besten „The Mandalorian“-Folgen. Das zeigt mal wieder, dass eine Serie stärker vom Showrunner und von den Drehbüchern abhängt, als von einzelnen Regisseuren. Genau das wird auch bei „The Mandalorian“ der Fall gewesen sein.

Über das Drehbuch muss man dafür nicht viele Worte verlieren. Allein ein Blick in die Vita des Autors Joby Harold reicht aus, um zu wissen, dass da nichts Besonderes bei herauskommen konnte. Dass die Serie Kanon brechen und weitere Ungereimtheiten aufwerfen wird, war ohnehin klar und es wäre müßig all diese aufzuzählen. Ursprünglich war Hossein Amini als Autor auf die Serie angesetzt worden, dessen Drehbücher dann jedoch weitreichend überarbeitet werden mussten, als man angeblich feststellte, dass die Geschichte zu sehr „The Mandalorian“ ähnelte (ein mürrischer alter Krieger, der auf ein Kind aufpassen muss).

Interessant ist, dass die fertige Serie nun allerdings nicht wirklich danach aussieht, als hätte man viel an dieser Prämisse geändert. Gerüchteweise wurde lediglich der Fokus von Luke auf Leia verschoben. Ebenso fällt auf, dass sich neben den neusten MCU-Serien auch „Obi-Wan Kenobi“ schwertut, überhaupt eine Geschichte auf wenige sechs Episoden zu strecken. Statt den mehrfach versprochenen sechsstündigen Filmen kommen immer noch nicht mehr als 45-minütige Folgen bei heraus, wovon sieben weitere Minuten Abspann anfallen.

Währenddessen läuft beispielsweise parallel die dritte Staffel „The Boys“, welche Woche um Woche eine 62-minütige Folge heraushaut, die erzählerisch und inszenatorisch um ein Vielfaches besser ist. Und das Ganze mit nur halb so viel Budget. Womit haben eigentlich Star-Wars-Fans nach unterdurchschnittlichen Kinofilmen nun auch unterdurchschnittliches Fernsehen verdient, während die Konkurrenz rechts und links den Boden mit „Obi-Wan Kenobi“ aufwischt? Am Budget kann es nicht liegen (25 Mio. USD pro Folge), an der Technologie kann es nicht liegen (die LED-Leinwände). Angelt sich Lucasfilm schlicht einen miesen Regisseur und Drehbuchautor nach dem anderen?

Fairerweise muss gesagt sein, dass Jon Favreaus „The Mandalorian“ und „The Book of Boba Fett“ genauso alles andere als starke Drehbücher besaßen. Zudem zieht sich dieser Fan-Film-Look phasenweise ebenfalls durch die beiden Serien. Aber immerhin wusste „The Mandalorian“, wie man mit dem Volume von ILM umgeht und wie man sich steigern kann. Die Serien wirken wie Serien, aber besitzen ein konsistentes Aussehen mit durchweg stimmigen Effekten. „Obi-Wan Kenobi“ funktioniert hingegen mehr wie eine Abwärtsspirale.

Das Aussehen variiert zwischen imposant und stümperhaft. Der Regiestil wechselt zwischen kompetent und lachhaft. Die erste Folge markierte noch einen vielversprechenden Start mit einem lebhaften Tatooine, einem beeindruckend gebauten Planeten wie Alderaan und einem stimmigen Gefühl für Größe und Aufwand. Von dort an degeneriert die Serie jedoch eine selten schlecht gefilmte und ausgestattete Fan-Film-Optik. Kleine, minimalistische Sets wechseln sich mit viel zu dunklen Bildern und furchtbaren CGI-Momenten ab.

Abgesehen von den zahlreichen Ungereimtheiten im Drehbuch, sind für mich vor allem zwei Dinge an dieser Serie enttäuschend: Das Porträt von Obi-Wan und sein Verhältnis zu Darth Vader bzw. der besagte „Rückkampf des Jahrhunderts“. Es gibt eigentlich nur zwei durchweg gelungene Sequenzen in der ganzen Serie, zum einen die angedeutete Charakterstudie zu Obi-Wan in Folge 1 und zum anderen der Flashback zu Obi-Wan und Anakin kurz vor den Ereignissen aus Episode II in Folge 5.

Aus erstgenanntem hätte im besten Fall die gesamte Serie bestehen sollen: Ein einsamer und deprimierter Obi-Wan auf Tatooine, der im Beisein von Qui-Gon über die Vergangenheit und die Macht philosophiert. Ein kleines, zentriertes Charakterdrama hätte dieser Serie am besten gestanden. Leider deutet Folge 1 das nur an und artet danach in eine viel zu groß gedachte und unnötig Spektakel-lastige Abenteuer-Geschichte aus.

Der Flashback aus Folge 5 deutet zudem perfekt an, wie gut diese Serie dazu hätte dienen können, das Verhältnis zwischen Obi-Wan und Anakin zu vertiefen, wodurch man sowohl den Prequels, als auch der Original-Trilogie nochmal mehr Gewicht und Bedeutung hätte verleihen können. Stattdessen frage ich mich nach sechs Folgen nun ernsthaft, wozu überhaupt alte Prequel-Darsteller wie Hayden Christensen zurückgeholt wurden.

Natürlich ist es eine nette Geste, aber brauchte es Hayden wirklich, um zu 90 Prozent seiner Screentime im Darth-Vader-Outfit zu stecken, der ansonsten auch problemlos von einem Stuntman hätte verkörpert werden können? Noch unnötiger ist die Rückkehr von Joel Edgerton und Bonnie Piesse, die als Owen und Beru Lars bis auf zwei kurze Auftritte in Folge 1 und 6 völlig verschwendet wirken. Dass „Obi-Wan Kenobi“ die große Rückkehr der Prequels bedeuten würde, ist somit mehr Behauptung als Tatsache gewesen.

Der „Rückkampf des Jahrhunderts“ reiht sich in diese unerfüllten Hoffnungen ein. Dem Vorspiel aus Folge 3 stand ich noch wohlwollend gegenüber, da es als Auftakt ein solider, erster Kampf war. Demgegenüber fügt das zweite Aufeinandertreffen in der letzten Folge jedoch nichts hinzu. Der Kampf ist etwas länger und epischer, aber beginnt und endet genauso wie schon das schicksalhafte Duell auf Mustafar.

Warum genau verlässt Obi-Wan den Schauplatz erneut und bringt Vader nicht einfach um? Und warum ist Vader plötzlich so viel schwächer, hat er doch nur eine Folge vorher noch im „The Force Unleashed“-Modus ein Raumschiff auseinandergerissen, während Obi-Wan kein einziges Mal trainiert hat, um seine alte Form wiederzuerlangen? Das Ganze als „Rückkampf des Jahrhunderts“ zu betiteln, ist zumindest ein schlechter Witz und reicht nicht annähernd an die Choreografien, aber auch Emotionen der alten Filme heran.

Zudem wirkt das Ganze am Ende dann auch viel zu gehetzt, da der Serie einfällt, dass man innerhalb von 44 Minuten auch noch mehrere andere Handlungsstränge abschließen muss. Das ist ja das Ironische an den MCU- und Star-Wars-Serien: Man versucht viel zu wenig Handlung auf sechs Folgen zu strecken und schafft es dann trotzdem irgendwie, dass das Finale überstürzt und gehetzt wirkt, weil man nicht genügend Zeit hat.

Der Serie „Obi-Wan Kenobi“ hätte Darth Vader als Antagonist ja auch völlig ausgereicht, aber stattdessen nimmt die Figur Reva viel zu viel Platz ein und ist dabei nicht mal besonders gutgeschrieben. Was genau ihre Motivation in der letzten Folge war, habe ich immer noch nicht verstanden. Die kleine Leia ist zwar besser geschrieben und besser gespielt, aber gebraucht hätte ihre Integration in diese Geschichte auch niemand.

Obi-Wan Kenobi© Disney

Fazit: Eine Enttäuschung mit Ansage.

4.5 von 10.0

Die Kritik im Original auf Moviepilot

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