Moon Knight – Kritik und Review

Moon Knight© Disney

„Moon Knight“ ist eine Bereicherung und eine Enttäuschung zugleich. Die Figur fand ich schon immer faszinierend, auch wenn ich nur wenige Comics kenne. Und da sich Marvel mit Oscar Isaac einen vielversprechenden Schauspieler für das Projekt herangeholt hat, war ich durchaus gespannt. Zudem handelt es sich im Serienbereich des MCUs um die erste originelle Serie, die nicht auf einer bereits etablierten Figur basiert. Letztes Jahr knüpften alle Serien an eine vorhandene Narrative des MCUs an, jetzt jedoch entsteht zum ersten Mal ein Superheld allein aus einer Serie heraus.

Das gelingt „Moon Knight“ zunächst richtig gut. Die ersten beiden Folgen sind für mich die besten aller bisherigen MCU-Serien. Die Figuren werden schön eingeführt und die Geschichte spannend aufgebaut. Außerdem ist die Serie technisch hochwertig, nicht nur vom Produktionswert, sondern auch in der Art und Weise, wie die Folgen gefilmt sind. Das ein oder andere Mal habe ich mich gefragt, warum man daraus nicht direkt einen Kinofilm gemacht hat. Es gibt zwar hier und da unschöne CGI-Momente, anhand derer man wieder merkt, dass es sich nur um ein Serien-Budget handelt. Dennoch wirken der ganze Aufwand und die Regieleistung dahinter nochmals um einen Tick besser als bei vorigen MCU-Shows.

Darüber hinaus zeigt auch „Moon Knight“ wieder, dass die Serien des MCUs phasenweise einfach mehr Möglichkeiten haben sich kreativ auszuprobieren und nicht in die Formelhaftigkeit der Filme fallen. „Moon Knight“ macht nicht alles neu oder anders, aber der Ansatz wirkt frisch und der Humor hat eine eigene Sprache. Oscar Isaac liefert hier teilweise beeindruckende Leistungen ab und kann sein Talent mehrfach ausspielen. Die Actionsequenzen sind ebenfalls überwiegend gelungen, gerade Moon Knight wird richtig schön in Szene gesetzt.

Allerdings entpuppt sich das Ganze als ein zweischneidiges Schwert, da das MCU natürlich weiterhin kinderfreundlich bleiben möchte. Einerseits lösen das die Regisseure ganz clever und die Action behält durchaus ihre notwendige Wucht. Andererseits spürt man immer wieder, dass die Figur Moon Knight eben doch einen sehr gewaltfreudigen und blutigen Comic-Ursprung hat, weswegen die Action blutleer bleibt und die Gewaltspitzen arg herunter gedampft wurden.

Ab der dritten Folge baut die Serie für mich dann kontinuierlich ab und pendelt sich von „stark“ auf „gewohnt, solides MCU-Niveau“ ein. Die Geschichte wird unübersichtlich, verliert und verstrickt sich in übernatürlichen ägyptischen Mythologie-Kram und alles muss mal wieder zu einem großen Kampf um die Menschheit aufgeblasen werden. Vieles hat man ab der Hälfte einfach nur noch zu akzeptieren, als dass man es verstehen würde. „Moon Knight“ bleibt somit nette MCU-Unterhaltung, aber das ist in diesem Fall umso enttäuschender, da ich mir für die Figur und nach dem guten Start mehr erhofft hatte.

Ab der Hälfte schleichen sich zudem immer mehr erzählerische Schwächen ein, die einfach zu verhindern gewesen wären. Beispielsweise löst sich ein Konflikt zwischen Marc Spector und seiner Freundin emotional völlig in Luft auf, da die Person, um die es dabei geht, zu keinem Zeitpunkt eingeführt wurde und somit auch das Gezeigte überhaupt nicht an den Zuschauer anknüpfen kann. Weiterhin deutet die Staffel für eine gefühlte Ewigkeit eine weitere Persönlichkeit neben Marc Spector und Steven Grant an, die dann aber aus unerfindlichen Gründen nie in Erscheinung tritt und ein andauerndes Rätsel bleibt, bis sie schließlich für die Post-Credit-Scene der letzten Folge und somit einem lausigen Teaser für eine Fortführung der Geschichte verschwendet wird.

Als letztes Beispiel für erzählerische Mängel zählt mit Voranschreiten der Show außerdem die erzählerische Struktur der Geschichte von Moon Knight. Zu Beginn funktioniert es noch sehr gut, dass sich die Serie verwehrt eine klassische, lineare Origin-Geschichte von A nach B zu erzählen. Zum einen bringt das Spannung rein und zum anderen hebt sich das von den bisherigen Origin-Geschichten angenehm ab. Mit der Zeit jedoch werden dadurch mehrere emotionale Höhepunkte forciert, die überhaupt nicht funktionieren, weil die Serie dafür innerhalb von wenigen Minuten Marc Spectors Vergangenheit aufarbeiten muss, die wir als Zuschauer ja logischerweise bisher nicht allzu gut kennen.

Die Geschichte von Moon Knight wird nicht linear erzählt, somit wissen wir nicht, wie er genau zu Moon Knight wurde oder was ihn in seiner Kindheit geprägt hat. All das muss die Handlung schließlich später behandeln und mal eben kurzfristig einschieben, damit der nachfolgende erzählerische Höhepunkt funktioniert.

Leider funktioniert das jedoch kaum und es geht enorm viel emotionales Gewicht verloren. Über Marcs unmittelbare Vergangenheit kurz bevor er sich dazu entschied, Moon Knight zu werden, erfahren wir außerdem dennoch enorm wenig, wodurch zum Beispiel der Moment, als er Moon Knight wird (der logischerweise per Rückblende erzählt wird) überraschend langweilig und unspektakulär wirkt.

Das Finale von „Moon Knight“ ist schließlich das klassische MCU-Actionfinale, welches man erwartet und gewohnt ist. Die Actionszenen sind zwar nochmals ganz cool, aber die Serie findet nur zu einem mittelmäßigen Abschluss. Die Geschichte fühlt sich nicht rund zu Ende erzählt an, da sich die Ereignisse mal wieder überschlagen und all das zuvor aufgebaute in nur knappen 35 Minuten zu einem Ende gebracht werden muss. Zudem wird nicht alles sauber aufgeklärt.

Gerade bei dem groß aufgezogenen und mysteriös gehaltenen Psychiatrie-Teil (Zuschauer wissen, was ich meine) frage ich mich letztendlich, was das genau sollte und worum es sich dabei gehandelt hat. Generell lässt mich „Moon Knight“ unbefriedigend zurück, nicht weil sich die Geschichte auf Mittelmaß eingependelt hat, sondern weil die letzte Folge alles recht überstürzt und schnell abschließt.

Moon Knight© Disney

Fazit: Starker Beginn, mittelmäßiger Rest. Potenzial verschenkt.

6.5 von 10.0

Die Kritik im Original auf Moviepilot

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