Indiana Jones – Kritik zur Filmreihe

„You know the problem there, which is not a problem, is that we don’t have to make that movie. All we can do is hurt ourselves, all it’s going to do is get criticized. I mean it’s basically Phantom Menace we’re making. No matter how you do it, no matter what you do, it won’t be what the other ones were in terms of the impact or the way people remember them.“

George Lucas, März 2006

Indiana Jones und das Königreich des Kristallschädels“ ist der vierte und umstrittenste Teil der Indiana-Jones-Tetralogie von Steven Spielberg und George Lucas. Nach fast 20 Jahren kehrte das Franchise im Jahr 2008 in die Kinos zurück und sah sich wenig später heftigen Fanreaktionen ausgesetzt. Dabei waren die Kritikerstimmen gar nicht so schlecht, nein, sie waren wohlwollend, deutlich positiver als gegenüber „Episode I“ und „Episode II“. Und dennoch trat genau das ein, was der Schöpfer George Lucas vorhergesehen hatte: Jahrelange Fans haben den Film verabscheut und abgestoßen.

Das „Warum“ bleibt ähnlich wie bei der Prequel-Trilogie rätselhaft, nein, es ist sogar in diesem Fall gänzlich an der Realität vorbei. Während sich die Star-Wars-Prequels tatsächlich anders anfühlten, anders angelegt waren, als die Original-Filme (was genauso intendiert war), bewegt sich Indy IV exakt in den Gewässern, in denen sich bereits seine drei Vorgänger bewegt haben – ein wahnwitziges, abgedrehtes, über jede Logik erhabenes Abenteuer. Die Menschen sehen und verstehen das allerdings nicht. Es sind die gleichen Menschen, die nun erwachsen geworden und schlicht nicht mehr dazu in der Lage sind, sich erneut mit ihren kindlichen Augen in diesen Quatsch hineinzuversetzen.

Es reicht aus, einen Blick unter meinen Kommentar zu werfen. Dort werden fast alle klassischen „Kritikpunkte“ mit der bekannten verqueren Sichtweise eines erwachsenen Fans vorgetragen, mit einer Prise falscher Tatsachen (nichts für Ungut). Es scheint so, als kennen die Leute ihre eigenen Lieblingsfilme nicht. Das beliebteste Thema: Der angeblich so immense Einsatz von digitalen Effekten, kurz CGI. Als Argument dafür wird dann die eine Dschungelverfolgungsjagd aufgezählt, die natürlich sehr effektlastig ist… die nach 80 Minuten Laufzeit stattfindet… und 10 Minuten dauert. Und was ist ansonsten noch so fürchterlich digital an dem Film? Tja, das war’s dann meistens.

Bis dahin ist Indy IV nämlich sehr real gedreht. Klar, es gibt mal hier und da ein paar Hintergründe (Greenscreens), aber das war bei allen anderen Teilen auch nicht anders. Man muss eben hinsehen. Faktisch sind nicht mehr als 20-30% an dem Film digital entstanden. Es wurden Dutzende reale Sets verwendet; Spielberg hat sich von Anfang an dafür eingesetzt und George Lucas sogar überredet auf echtem Filmmaterial zu drehen; Harrison Ford hat den Aufwand dahinter geschätzt und die Produktion für das Reale gelobt. Aber stimmt, es gibt die eine blöde digitale Dschungelszene, also muss ALLES im Greenscreen entstanden sein. Prüfe deine Fakten und dein Urteilsvermögen, mehr kann ich dazu nicht sagen.

Die Indy-Reihe besitzt seit Anbeginn völlig irrsinnige und unlogische Sequenzen sowie Handlungselemente. Aber was haben sich die Leute über Indiana Jones im Kühlschrank aufgeregt: „Nein, unlogisch, das kann er doch gar nicht überleben, bla blub.“ Die Protagonisten überleben einen Wasserfallsturz, was angeblich total unlogisch und comichaft ist. Wie nahe kann man eigentlich am Realitätsverlust sein?

In „Tempel des Todes“ stürzen drei Menschen mit einem aufblasbaren Gummiboot hunderte Meter aus einem Flugzeug, um daraufhin weitere hunderte Meter von einer Klippe in einen Fluss zu fallen, unbeschadet! Ohne, dass das Gummiboot auch nur zu einer Sekunde eine eigene Rotation entwickelt hätte; ohne den Fakt, dass ein bisschen Gummi niemals den Sturz aus hunderten Metern abfedern könnte. Aber nein, der Wasserfall ist zu viel!

Im ersten Teil klettert Indiana Jones mitten im Meer auf ein deutsches U-Boot und reist damit OHNE, dass er noch in das Boot einsteigen kann, kilometerweit zu einem Inselstützpunkt, unter Wasser! Daran ergibt nichts Sinn. Jones müsste längst tot sein. Aber nein, eine Atomexplosion in einem speziell geschützten Kühlschrank zu überleben, geht zu weit!

In „Der letzte Kreuzzug“ findet Jones einen Tempelritter, der 700 Jahre lang in einer kleinen Höhle mittels eines magischen Tranks überlebt hat, aber natürlich, die Verknüpfung zwischen antiken Kulturen und einem Alien sprengt das Maß! Teil 1 handelt davon, dass bei der Öffnung der Bundeslade mehrere Geister aus der Box hüpfen und den Nazis auf cartoonische Weise die Haut von den Knochen reißen. Aber NEIN, wenn Shia LaBeouf für 20 Sekunden mit ein paar Affen durch die Bäume schwingt, dann ruiniert das meine Kindheit!!! Das ist eine dumm begründete Meinung. Fakt.

„Königreich des Kristallschädels“ ist auch nicht mein liebster Indy-Film, aber er steht auf einer Stufe mit dem dritten Teil und nur knapp hinter den ersten beiden Filmen. Indy IV steckt voller großartiger Momente. Wenn Jones zu Beginn seinen Hut aufsammelt und sich zur Kamera dreht, werde ich als Fan richtig emotional, dabei habe ich alle vier Filme mit keinem großen Abstand gesehen. Gleiches gilt mit Blick auf die Fotos, stehend auf seinem Schreibtisch.

Aber der vierte Teil schafft es eben auch das Franchise wieder zu neuen Höhen zu verhelfen; der Mythos wird ausgebaut und sich nicht auf den immer gleichen Abenteuern ausgeruht. Ich liebe das Konzept mit den Aliens, da es tatsächlich der einzig logische Schritt nach der machtvollen Bundeslade, einem okkulten Zauber und dem unsterblich machenden Kelch Jesus ist. Es passt zudem perfekt in das Setting der 50er Jahre, worin sich auch der Kalte Krieg als Konflikt hervorragend einfügt.

Die Actionszenen sind derweil wieder wundervoll überdreht und überragend inszeniert. Gleiches gilt für den Humor. Auch wenn ich andere Teile witziger fand, mischen sich hier ebenfalls wieder gute Oneliner und visuelle Späße ins Abenteuer („Und sie sind Lehrer?“ – „Halbtags.“). Zudem schafft es Indy IV alle vorigen Teile zu ehren und sich Hommagen zu bedienen, ohne dabei jemals in offensichtlichen Fanservice auszuarten. Dazu gehören kleine Details, wie wenn Henry nach der Motorradverfolgung, seinem Vater amüsiert über das Chaos zulächelt und Indy dies nur mit ernster Miene erwidert – genauso wie im dritten Teil, als Jones Senior durchweg unbeeindruckt bleibt, als Indy die Verfolger auf dem Motorrad abschüttelt.

Oder die nette, etwas düstere, kleine Horroreinlage auf dem Friedhof in Peru, welche stark an den düsteren zweiten Teil erinnert. Und dann natürlich die Rückkehr von Karen Allen, die dem ganzen Franchise einen angebrachten Schulterschluss hinzufügt. Das sind konsistent, im Sinne des Franchise, weitergedachte Konzepte und Ideen, bei denen gleichzeitig ein neues, spannendes Abenteuer erzählt wird. Ich liebe auch das ganze Ende: „Wo sind sie hin? Ins Weltall?“ – „Nicht ins Weltall. In eine Welt, die sich zwischen den Welten befindet.“ Und dann der nette Teaser mit Shia LaBeouf als potenziellen Nachfolger, der sich den Hut jedoch charmant von Indy wegschnappen lässt.

„Indiana Jones und das Königreich des Kristallschädels“ ist natürlich bei weitem nicht fehlerlos. Manche Effekte und Greenscreens sind auffällig und altern eher mittelmäßig. Aber so war es eben schon immer, seit 1981. Und die ganz große Wiederbelebung ist Steven Spielberg und George Lucas nicht gelungen. An die stärksten Momente der Reihe kann man nicht ganz anknüpfen. Und dennoch ist Indy IV ein ebenbürtiger und schöner Teil geworden, der die Abenteuer im Sinne aller Teile abschließt. Danke für diese großartige Tetralogie vom Archäologen Indiana Jones, Spielberg und Lucas.

8.0 von 10.0

Die Kritik im Original auf Moviepilot

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