Indiana Jones – Kritik zur Filmreihe

Indiana Jones und der Tempel des Todes“ gilt zu den schwächeren Vertretern des Franchise. Auch ich habe mich von diesem allgemeinen Tenor jahrelang anstecken lassen. Nach erneuter Sichtung ist jedoch festzuhalten: Diese Fortsetzung hält nicht nur locker mit seinem Vorgänger mit, sondern ist möglicherweise sogar besser. Die Themen des Films sind tiefgründiger, die Vision ist ausformulierter und technisch ist „Tempel des Todes“ ebenfalls überlegen. Die Inszenierung ist sauberer, die Action noch intelligenter, wahnwitziger und spannender in Szene gesetzt.

Obwohl mir anfangs nicht gefällt, dass die Handlung keinen richtigen Aufhänger mehr hat, sondern Indy und seine Freunde rein zufällig ins Abenteuer stolpern, ist das genauso intendiert. George Lucas hat eine Geschichte skizziert, welche genau dem mythologischen Grundgedanken dieser Reihe entspricht: Es geht um Schicksal, um Bestimmung, um die Verbindung zwischen Tradition, Wissenschaft und dem Übernatürlichen. Es fügt sich schlicht perfekt.

„Tempel des Todes“ ist auch ein technischer Fortschritt. Das Bild ist im Stream (Prime) nicht nur durchweg klar und von Unschärfen befreit – im Gegensatz zum Vorgänger – sondern die Ausstattung und der Aufwand ist darüber hinaus auch augenscheinlich fortgeschritten. Dazu fügen sich dann die eingefügten Hintergründe und heutzutage trashig wirkenden Spezialeffekte. Davon hat Teil 2 nochmal etwas mehr und auffälligere. Ja ja, das praktische und geerdeter Indy-Franchise, welch verklärter Aberglaube der Fans.

Dieser Teil ist auch düsterer und brutaler, an manchen Stellen sogar deutlich. Teilweise steckt hier drin schon ein halber Horrorfilm für Kinder. Und genau das war es vermutlich, weswegen die meisten Stimmen, die Fortsetzung als schwächeren innerhalb der Tetralogie ansehen. Für mich hat das den Spaß zu keinem Zeitpunkt eingeschränkt. Es ist vielmehr eine willkommene Abwechslung und fühlt sich dadurch stellenweise wie eine Geisterbahn im Disneyland an. Eben auch passend für Lucas und Spielberg; die Nähe zur Attraktion, zum nächsten aufregenden Abenteuerritt.

Der Humor kommt dabei jedoch keineswegs zu kurz, auch wenn Spielberg das später selbst behauptet hat und sich somit dem Einklang der Fans angeschlossen hat. „Tempel des Todes“ ist voller Humor. Die ganze Eröffnung des Films, die Achterbahn-Fahrt gegen Ende, selbst das „Affenhirn auf Eis“ zählte bei mir als Kind zu den besten Sprüchen der gesamten Reihe.

Ein weiterer interessanter Punkt sind Willie und Shorty. Der Teil kommt sicherlich auch aufgrund ihrer hysterischen Art nicht so gut an und Kinderdarsteller will man ja auch eher ungern in seinen Lieblingsfranchises sehen, stimmt’s George? Wie dieser Film wohl im Jahre 2008 für zwei solche Entscheidungen zerrissen worden wäre? Aber wir haben diesen Teil alle als unkritische Kinder gesehen, also alles Okay Dokey, Dr. Jones!

Die einzige Sache, die ich tatsächlich nie verstanden habe, ist, warum die Fortsetzung ein Prequel ist und ein Jahr vor „Jäger des verlorenen Schatzes“ spielt. Das ist weder relevant für die Geschichte, noch erfüllt es irgendeinen narrativen Zweck für Indys Charakter. Statt „Shanghai 1935“ hätte zu Beginn auch einfach „Shanghai 1937“ eingeblendet sein können und nichts hätte sich an der Handlung und dem Verhältnis zu Teil 1 geändert. In einer Szene zitiert Spielberg zum Beispiel ganz deutlich den Erstling, indem Indy erneut versucht mit seinem Revolver zwei Schwertkämpfer abzuschießen, es ihm dieses Mal jedoch misslingt.

Selbst chronologisch gedacht (also wenn man erst Teil 2 und dann Teil 1 sehen würde), funktioniert das meiner Meinung nach weniger gut, da die Szene erst dadurch witzig ist, weil der Zuschauer bereits das legendäre Original aus 1981 kennt. Letztendlich bleibt es eine seltsame Entscheidung, die jedoch völlig irrelevant für die Bewertung des Films bleibt.

„Indiana Jones und der Tempel des Todes“ ist großartig. Der Film erreicht mehr noch als sein Vorgänger den mythologischen Kern, den Lucas als Idee für die Reihe erdacht hat. Inszenatorisch und actiontechnisch ist die Fortsetzung besser sowie aufwendiger, die Handlung ist tiefgründiger und klarer, und das Abenteuer ist seinem Vorgänger zu jedem Zeitpunkt ebenbürtig. Dieser Film muss sich zu keinem Zeitpunkt vor seinen Franchisekollegen verstecken.

8.5 von 10.0

Die Kritik im Original auf Moviepilot

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