Kevin Costners eigenfinanziertes Herzensprojekt „Horizon“ wird zu den großen Flops des Jahres 2024 gehören und in seiner Gänze wohl nie erscheinen, zumindest nicht im Kino. Als „Chapter 1“ bereits vor einem Monat in den Vereinigten Staaten fehlschlug, wurde der Kinostart von „Chapter 2“ erstmal auf unbestimmte Zeit verschoben. Und leider muss man nach diesem ersten Teil konstatieren: zu Recht.
In Deutschland wird der Film schon gar nicht mehr als „Chapter 1“ oder „Kapitel 1“ in die Kinos gebracht, als wollte man verschweigen, dass nach diesen unsäglichen 180 Minuten noch weitere Teile folgen sollen. Denn auch nach drei Stunden Laufzeit wird niemand schlau aus diesem ZDF-Samstagabend-Wohlfühlkino, außer vielleicht Kevin Costner. Groß wird mit seiner Person in Trailern und auf Plakaten geworben. Derjenige, der einst „Der mit dem Wolf tanzt“ inszeniert hat, über den ich zweifelsfrei sagen würde, dass es sich um ein Meisterwerk der Kinogeschichte handelt.
Nun, „Horizon“ ist meilenweit entfernt davon, auch nur ansatzweise ein Kinoerlebnis zu sein, woran sich am Ende des Jahres noch irgendjemand erinnern wird. Herr Costner möchte hier auf langwierige und unübersichtliche Art die Entstehung Amerikas skizzieren und verliert sich dabei in viel zu viele Figuren und Handlungsstränge. Klar, mit irgendetwas muss man einen Vierteiler füllen. Denn obwohl seit letztem Jahr nur zwei Starttermine angekündigt wurden, möchte Costner tatsächlich vier Teile dieser Saga veröffentlichen. Nur das Problem ist: Keine Figur und kein Handlungsstrang sind nach 180 Minuten spannend oder interessant.
Zudem herrscht kein erzählerischer Fokus. Der Film springt von Handlungspunkt zu Handlungspunkt, von Figur zu Figur, ohne dass jemals ein vernünftiger erzählerischer Fluss entstehen kann. Und nichts davon rechtfertigt eine dreistündige Laufzeit. Jede Szene und Sequenz ist viel zu lang und zieht sich bis in alle Ewigkeit. Wäre man auch nur ansatzweise daran interessiert gewesen, den Film im Sinne des Handlungsfortschritts zu optimieren, hätte dieser Film auch auf zwei Stunden gekürzt werden können.
Dieser Film verschwendet die Zeit jedes Zuschauers. Es werden minutenlang Figuren, gar ganze Familien eingeführt, um sie dann am Ende des Aktes zu töten. Das lässt die verschiedenen Handlungselemente teilweise so wirken, als passen sie gar nicht zusammen, als sei das hier eine Anthologie-Serie oder generell eine Serie, die auf Krampf zu einem Film zusammengeschnitten wurde.
Und was macht der groß auf Plakat und in Trailern beworbene Kevin Costner im Film? Im Grunde fast gar nichts. Er ist weder die Hauptfigur, noch findet er die größte Zeit im Film statt. Im Gegenteil. Nach über einer Stunde wundert man sich langsam, wann er denn mal auftaucht, bis er schließlich ins Bild geritten kommt. Beginnt jetzt vielleicht endlich eine fokussierte Geschichte, die auf irgendetwas hinausläuft? Nein, stattdessen integriert sich seine Figur in eine der vielen Nebenhandlungen und ist auf die Gesamtlaufzeit betrachtet kaum mehr als 10 Prozent der Zeit zu sehen.
Es ist mir wirklich ein Rätsel, wie irgendwer der Teilhabenden an diesem Projekt glauben konnte, dass das ein Erfolg wird. Und zwar nicht über ein bis zwei Teile hinweg, sondern über vier. Kein Amerikaner setzt sich drei Stunden ins Kino, wovon keine einzige Minute unterhaltsam ist. Zugegeben ist der Anfang ganz gut, also die vielleicht erste Stunde (denn nichts ist kurzweilig an diesem Film), da der ruhige Aufbau hier noch in eine ganz passable Actionsequenz mit einigen brachialen und rührenden Momenten mündet. Aber das war dann auch.
Positiv hervorheben kann man höchstens noch die ganz netten Bilder. Aber selbst die fügen sich gepaart mit der Erzählung in das ZDF-Fernsehfilm-Feeling ein. Vieles sieht zu glatt geleckt und zu inszeniert aus. Ein bisschen Colour-Grading hätte dem Film durchaus gutgetan, damit „Horizon“ neben den grausigen Dialogen und der gekonnt spannungsarmen Erzählung nicht auch noch so aussieht wie ein Sonntag-Abend-Tatort.
Es ist schon ersichtlich, worauf Kevin Costner und der Film letztlich hinauswollen. Die Entstehung des Dorfs Horizon soll im Grunde mit all seinen Nebenschauplätzen eine Verbildlichung der Entstehung Amerikas sein: „Das ist unser Ursprung. Hier kommen wir her.“ Nicht umsonst macht der Film vielzählige Geschichten von Herumtreibern und Wanderern auf, die aller Voraussicht nach am Ende alle im Städtchen Horizon enden werden. Und ein Frieden mit den Ureinwohnern wird dann auch noch gefunden werden. Nur interessant erzählt ist das halt alles nicht.
Es verwundert nicht, dass schon die Trailer nicht wussten, wie sie diesen Film vermarkten sollen. Kein Hinweis auf den Inhalt oder die Geschichte, gar nichts. Kein Wunder, denn auch nach drei Stunden weiß man als Zuschauer nicht so richtig, worum es hier gehen soll und warum man dafür so viel Zeit benötigt. Obendrein endet dieses erste Kapitel dann auch noch möglichst unbefriedigend, indem der Film buchstäblich mittendrin einfach aufhört.
Kein kleines Finale oder noch ein letzter Höhepunkt, nichts. Inmitten einer Nebenhandlung überführt uns der Film in eine Montage von Szenen, die den nächsten Teil schmackhaft machen sollen und dann ist Schluss. So sang- und klanglos wie dieser Film endet, wird jedoch wahrscheinlich das gesamte Projekt enden. Leider wird hierauf nichts mehr folgen. Oder eher: Zum Glück. Denn irgendeinen Hoffnungsschimmer auf Besserung gibt es nach diesen unterirdischen 180 Minuten Western-Film nicht.
Fazit: „Horizon“ ist ein durch und durch gescheitertes Projekt. Kevin Costner und seine Partner sollten mal bei den Öffentlich-Rechtlichen anrufen, denn als Wohlfühlkino für Ü60-jährige, die nochmal Western „fühlen“ wollen, könnte das Ding als Mehrteiler funktionieren: „Ah, so war das damals also. Da sind die bösen Indianer, da die guten Weißen. Dort sind die bösen Weißen, dort die guten Indianer. Schon schlimm, was die Menschen damals durchleben mussten. Och, schau mal, da ist der Kevin Costner. Toll!“
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