Hawkeye – Kritik und Review

Hawkeye© Disney

„Hawkeye“ ist nun also die letzte neue MCU-Serie aus 2021 für Disney Plus. Ich hatte nicht wirklich Interesse an der Serie, weil mir Hawkeye als Figur ziemlich egal ist und die Trailer im Vorfeld nicht gerade ansprechend waren. Nach ihrem Abschluss kann man konstatieren, dass sie neben den anderen Live-Action-Serien – „WandaVision“, „The Falcon and the Winter Soldier“ und „Loki“ – auch knapp die Schwächste geworden ist. Ich konnte der Serie jedoch mehr abgewinnen, als ich dachte, was vor allem an der menschlicheren und geerdeteren Seite der Serie, sowie dem Neuzugang Kate Bishop liegt.

Noch stärker als die Captain-America-Nachfolge „The Falcon and the Winter Soldier“ handelt diese Serie von ganz normalen Menschen und ihren Problemen in New York. Hawkeye bleibt als Figur zwar weiterhin langweilig – ich bin seit Jahren der Meinung, dass er im zweiten Avengers-Film perfekt hätte abtreten können –, aber gleichzeitig wird er dennoch ganz gut von seiner menschlichen Seite gezeigt. Dass der „uninteressanteste“ Avenger auch seine Fans haben kann, ist sehr charmant mit Kate Bishop gelöst.

Leider kommt derweil die Handlung nie wirklich in Fahrt. Bis auf die letzte Folge fühlt sich die ganze Geschichte so an, als würde sie noch im ersten Drittel stecken und verfügt über keinen funktionierenden Spannungsbogen. „Hawkeye“ ist die erste der MCU-Serien, bei der sechs Folgen tatsächlich zu kurz waren und der Serie eine Ausdehnung der ganzen Konfliktlinien mehr Zeit zum Atmen verschafft hätte. Wie bei einigen anderen MCU-Serien des Jahres merkt man allerdings auch, dass viele Konflikte ziemlich konstruiert wirken oder nur eine versteckte Origin-Geschichte für einen oder mehrere Charaktere darstellen.

So ist es auch in der „Hawkeye“-Serie, welche u.a. stark auf Clint Bartons Vergangenheit aus „Avengers: Engame“ setzt, welche aber bereits in ihrer Ausgangslage ungenügend wirkt. Hawkeyes Ronin-Vergangenheit wird nun z.B. im großen Stile aufgeblasen, obwohl dieser Teil von Hawkeye in „Endgame“ keine zwei Minuten an Screentime beanspruchte. All das ist behauptet, ohne dass der Zuschauer diese düstere Zeit Clints jemals miterlebt hat.

Auch Yelenas Agenda, die Schwester von Black Widow, ist irgendwie reingequetscht und lässt die immer besser werdende Handlung unnötig überfrachtet wirken (sie ist zwar eine Super-Agentin und weiß um Clints Jahre lange Zusammenarbeit mit Natascha, aber redet sich durchweg ein, Clint hätte ihre Schwester umgebracht und selbst wenn er ihr gefühlt zehnmal das Gegenteil erzählt, kommt Yelena einfach nicht dahinter, dass er möglicherweise die Wahrheit sagt).

[Es folgen SPOILER] Den großen Moment hat die Serie aber natürlich im Finale, wenn tatsächlich Vincent D’Onofrio als Kingpin zurückkehrt. Um ehrlich zu sein, handelt es sich um einen Auftritt, den es vielleicht aufgrund der vielen Figuren nicht zwingend gebraucht hätte und dann leider auch etwas kurz ausfällt. Aber ich fand ihn dennoch sehr gelungen und Kingpin wurde so dargestellt als sei er nie weg gewesen. Ich bin großer Fan der „Daredevil“-Serie und war daher erleichtert, dass Kingpin nicht nur einen billigen Kurzauftritt bekam, sondern im Finale kurzerhand zum bedrohlichen Antagonisten der Serie aufstieg, wie man ihn aus „Daredevil“ kannte.

Hawkeye© Disney

Fazit: Rückblickend betrachtet handelte „Hawkeye“ nie richtig von Hawkeye, denn er bleibt ein langweiliger und uninteressanter Charakter. Stattdessen verstecken sich hier eine Origin-Geschichte von Kate Bishop, ein Backdoor-Pilot für Echo (sie bekommt demnächst ihre eigene Disney-Plus-Show) und die Vorbereitung und Rückintegrierung von Wilson Fisk und Matt Murdock aus der abgesetzten „Daredevil“-Serie.

Die Kombination aus allem macht aus „Hawkeye“ immer noch eine unterhaltsame Show, aber die Handlung bleibt trotz ihres menschlichen Charakters hinter ihren Möglichkeiten zurück, wirkt nicht ausgereift und fußt auf zu vielen Behauptungen, an die ich als Zuschauer nicht anknüpfen konnte. Damit bleibt eine stabile Serie, aber keine, die spannende Wege geht, neue Dinge ausprobiert und kreativer ihre Charaktere handhabt – all das ist den anderen MCU-Serien aus 2021 ein wenig besser gelungen.

6.0 von 10.0

Die Kritik im Original auf Moviepilot

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