Gladiator II – Kritik und Review

Gladiator II© Paramount Pictures

„Gladiator II“ macht nahezu alles falsch, was eine Fortsetzung im Jahr 2024 falsch machen kann. Ein Film ohne neue Ideen, ohne eigenen Gedanken, ohne Mut. Stattdessen tischt uns Altmeister Ridley Scott einen lauwarmen Aufguss des Vorgängers auf. Diese Fortsetzung ist größer gefilmt und actiongeladener, aber auch eindimensionaler und langweiliger.

Leider bestätigt der Film einen genau darin, was die unterirdische Marketingkampagne schon angekündigt hat. Zunächst der erste Trailer, der mit unpassender Rap-Musik untermalt wurde und im Grunde den halben Film vorwegnahm. Später unästhetische Filmplakate, die jedes Gespür für Eleganz und Minimalismus vermissen ließen.

Dennoch besaß ich die Hoffnung, dass Ridley Scott irgendeinen vernünftigen Einfall für eine Fortsetzung seines beliebten Sandalenepos gehabt haben muss. Und wenn jemand dieses Genre nochmal wiederbeleben könnte, dann er. Nun zeigt sich, dass Gladiator II in genau die Falle läuft, wie schon so viele „Legacy“-Fortsetzungen vor ihm. Statt einer neuen, spannenden Geschichte, verliert man sich allein darin, den beliebten Vorgänger an jeder möglichen Stelle zu zitieren, während die Handlung, bis auf ein paar Konstellationen, 1 zu 1 vom ersten Film abgekupfert ist.

Paul Mescal übernimmt als Lucius, und wie schon die Trailer verrieten, als Sohn von Maximus, zu 90 Prozent die Rolle von Russell Crowes Maximus. Einzig einen kleinen Perspektivwechsel traut sich der Film zu, indem die Eroberungszüge der Römer in ein kritisches Licht gerückt werden. Mehr Raum für Neues lässt diese kalkulierte Fortsetzung jedoch nie zu. Schließlich werden die fehlenden 10 Prozent der Maximus-Figur von Pedro Pascals Acacius ausgefüllt, der die Rolle des römischen Feldherrn übernimmt.

Beide stehen sich jedoch zunächst verfeindet gegenüber, woraus die Marketingkampagne ein riesiges Bohei machte. Jedoch stellt sich diese Fehde sehr schnell als dramaturgisch durchschaubar heraus und wird noch in der ersten Hälfte des Films aufgelöst. Einerseits erleichternd, dass dies nicht der zentrale Konflikt des Films ist. Das hätte die Fallhöhe im Vergleich zum Vorgänger doch erheblich gesenkt. Andererseits erschreckend platt, wie schnell Pedro Pascal aus der Handlung verschwindet und dennoch das Zugpferd jener Marketingkampagne darstellte.

Ebenfalls doppelt besetzt wird Joaquin Phoenix Commodus mit zwei verrückten Kaisern. Geta und Caracalla verkörpern nun das korrupte Rom, haben mit Commodus jedoch einzig gemeinsam, dass sie als antagonistische Schwächlinge ganz gut herhalten. Zeitgleich sind sie wesentlich dümmer und überzeichneter als Commodus. Jener war vielleicht schwach, aber nicht dumm. Geta und Caracalla hingegen stellen sich, insbesondere einer der beiden, als regelrecht geisteskrank heraus, was dem Szenario sehr viel Glaubwürdigkeit und Würde raubt.

In dieses Gebilde fügt sich noch Denzel Washington ein, der größtenteils die Gladiatorentrainer-Rolle des ersten Teils übernimmt. Mit einer kleinen Wendung führt seine Figur die Handlung des Films nochmal in eine andere Richtung, was nicht darüber hinwegtäuscht, wie erschreckend konstruiert und banal das Ganze geschrieben ist. Und dann wäre da noch Connie Nielsons Lucilla, die genauso wie im Vorgänger zahlreiche Gefängnisgespräche mit unseren Protagonisten führt und sich in Hintertüren gegen die korrupten Kaiser verschwört.

Neben den recycelten Figuren mit minimalsten Variationen, recycelt Ridley Scott auch jeden Handlungspunkt und Schauplatz mit nur minimalsten Variationen: Statt einer Schlacht gegen die Germanen eröffnet die Fortsetzung mit einer Schlacht in Nordafrika. Statt gegen Tiger kämpft Lucius gegen Nashörner und überdimensionale Affen. Statt einer Verschwörung gibt es zwei Verschwörungen. Alles wird Schritt für Schritt wie im ersten Film abgehandelt. Nur fühlt sich nichts davon so dringend, so spannend, so beeindruckend, wie noch im Vorgänger an

Natürlich kann Ridley Scott so etwas nach wie vor immer noch hervorragend inszenieren. Nur emotional gepackt wird man davon zu keinem Zeitpunkt. Wenn sich die identische Struktur des Vorgängers entfaltet, wird man zeitweise sogar gelangweilt. Und kleine, wichtige Momente des ersten Films spart diese Fortsetzung dann seltsamerweise aus. Zum Beispiel entsteht keinerlei Beziehung zu Paul Mescals Lucius und seinen Gladiatorenbrüdern. Während sich um Maximus hier noch eine coole, kleine Clique bildete, versauern die anderen Gladiatoren in der Fortsetzung zu gesichtslosen Komparsen.

Hinzukommt, dass es den hübschen Bildern an Bedeutung und Inhalt fehlt. Ridley Scott macht den Fehler, sich allein auf sein eigenes Vorgängerwerk zu beziehen. Aber was waren die Inspirationsquellen für den ersten Film? Der erste Gladiator war ein Remake des Sandalenepos „Der Untergang des römischen Reiches“. Zudem bediente sich „Gladiator“ einer Bildsprache, die sich stark an moderne diktatorische Regime orientierte. Wenn Commodus mit einem Triumphzug in Rom einläuft, dann sehen wir die Ästhetik einer Leni Riefenstahl. Wenn Acacius in Rom einläuft, zitiert Scott höchstens sein eigenes Werk, aber eine tiefergehende inhaltliche Aussage fehlt gänzlich.

Neben diesen Gemeinsamkeiten wird der Film durch den großen Nostalgiehammer nochmals alberner. Und durch zahlreiche kleine Entscheidungen wird sogar der geliebte Vorgänger aktiv dümmer gemacht. Es ist manchmal ein wenig wie bei „Joker: Folie à Deux“, bei dem man sich später schämen musste, den Vorgänger überhaupt gemocht zu haben bzw. bewusst oder unbewusst daran gearbeitet wird, den ersten Film peinlich und dämlich wirken zu lassen.

Das geht damit los, dass „Gladiator II“ den Zuschauer permanent an den besseren ersten Film erinnern muss. Besonders schlimm geht der Film dabei mit seiner musikalischen Untermalung um. In jeder bedeutungsschwangeren Szene muss das Musikthema von „Gladiator“ anklingen, egal ob nötig oder passend. Das erinnert an die Star-Wars-Sequels, die auch in der noch so unpassenden Situation das Force-Theme anklingen ließen, um ihm auch die letzte Bedeutung zu rauben.

Besonders breittreten muss dieser zweite Teil auch das inhaltliche Thema des Vorgängers, nämlich „den Traum von Rom“. Was im ersten Film nur ein Nebenprodukt rund um Maximus Rache an Commodus war, wird in „Gladiator II“ so häufig erwähnt, dass es irgendwann nur noch dämlich klingt. Es ist schon faszinierend, wie man ein und dieselbe Idee zweimal aussprechen kann, während sie in einem Moment nachvollziehbar und episch daherkommt und im nächsten Moment einfältig und dumm.

Abgesehen davon entwertet dieser Film permanent das Ergebnis und die Errungenschaften seines Vorgängers und von Maximus. „Gladiator II“ mag Maximus noch so oft huldigen, in Wahrheit tritt er ihn mit Füßen. Der erste Film endete mit der Schlussfolgerung, dass Rom frei von Tyrannei ist und in eine Zukunft schauen kann, in der der Senat zurück an die Macht kommt. Dafür hat Maximus sein Leben gegeben. Die Fortsetzung setzt schließlich, wie jede schlechte Fortsetzung des 21. Jahrhunderts, alles wieder auf Anfang.

Die Rückkehr zwei tyrannischer Kaiser aus dem Nichts ist buchstäblich das Äquivalent zu „Somehow Palpatine returned“. Oder „somehow ist das Imperium wieder zurück, die Republik zerstört und es existiert ein neuer Todesstern.“ Wie und warum das Ganze passieren konnte, wird ausgespart. Hauptsache, es existiert ein Grund, um eine unnötige Fortsetzung zu inszenieren.

Ähnlich verhält es sich mit der Geschichte von Lucius. Dieser Film basiert darauf, dass Lucius der Sohn von Maximus ist und jener mit den Worten starb: „Lucius ist sicher…“ Auch dafür starb Maximus. Damit Lucius in Sicherheit ist. Wie erklärt „Gladiator II“ schließlich die Tatsache, dass Lucius außerhalb von Rom lebt und nie zum Thronfolger geworden ist? In einer Rückblende schafft ihn Lucilla unmittelbar nach Maximus Tod aus Rom und ganz Italien, weil sie durch den Tod von Commodus Angst hat, dass ihr Sohn durch einen Machtkampf ums Leben kommt. Lucius war also nie sicher. Dümmer und respektloser wird es nicht mehr.

Gladiator II© Paramount Pictures

Fazit: „Gladiator II“ ist die unnötige Fortsetzung eines Klassikers geworden, die ich befürchtet habe. Überflüssig und langweilig klappert Ridley Scott nochmal alle bekannten Stationen des ersten Teils ab. An diesen Film wird sich in einem Jahr niemand mehr erinnern.

5.0 von 10.0

Die Kritik im Original auf Moviepilot

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Seite verwendet Cookies, um die Nutzerfreundlichkeit zu verbessern. Mit der weiteren Verwendung stimmst du dem zu.

Datenschutzerklärung