Eternals – Kritik und Review

Eternals© Disney

Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie: Kevin Feige schaffte es für „Eternals“ eine der momentan angesagtesten und erfolgreichsten Regisseurinnen zu gewinnen, die zuletzt bei den Oscars mehrfach ausgezeichnet wurde. Das Marvel Cinematic Universe hatte sich in der Vergangenheit schon oftmals namhafte und vielversprechende Regisseure „eingekauft“. Und dennoch stach Chloé Zhao heraus, die doch für so ganz andere Filme bekannt ist und nun den nächsten großen Marvel-Blockbuster inszenieren soll. Kevin Feige schwärmt schon seit Monaten von „Eternals“. Dafür ignorierte er sogar fast gänzlich den Kritikerliebling und Überraschungshit „Shang-Chi“. Und nun kommt Zhaos „Eternals“ raus, Feiges groß angekündigte neue Lieblingsprojekt und was ist? Die Kritiker strafen den Film heillos ab.

Sogar so weit, dass er nun laut der Bewertungsplattform Rotten Tomatoes der schlechteste aller MCU-Filme ist. Zu langweilig, zu ernst, das gewohnte Marvel-Spektakel fehlt; zu überfüllt, zu undurchsichtige Geschichte, zu viele, unterentwickelte Charaktere: Irgendwie fehlen alle die gewohnten Marvel-Stärken und Chloé Zhao fehle das Gespür und die Einheitlichkeit für die ansonsten so konstant unterhaltende MCU-Reihe. Schon komisch, da bemängeln alle „Cineasten“ und Kritiker seit Jahren die Gleichförmigkeit und Mutlosigkeit des MCUs. Wenn dann aber mal etwas anderes serviert wird, ja dann schmeckt es irgendwie doch nicht.

Es ist erschreckend, dass jene Einschätzung nicht von verwöhnten Fans und Zuschauern der über 25 Filme kommt, sondern von „professionellen“ Filmkritikern, die Disney und Marvel nun in einem Zug in allem bestätigen, was die Kinolandschaft schon seit Jahren bestimmt. Bravo. Nun gut, hat es diesen „Widerstand“ gegen die Dominanz und Gleichförmigkeit des MCUs und Superhelden-Kinos wirklich in seiner Breite gegeben? Wahrscheinlich nicht, wenn man bedenkt, wie gut selbst ein Totalschaden, wie „Avengers: Endgame“, „Black Panther“ oder „Captain Marvel“ auf solchen Rating-Plattformen performt haben. Das Publikum ist hier sogar meist kritischer als die „Kritiker“, also wer genau ist eigentlich an besagter Gleichförmigkeit interessiert…

„Eternals“ ist ein langer, aber keineswegs langweiliger Film. Wer sich durch drei Stunden „Avengers: Endgame“ quälen kann oder grundsätzlich einer Narrative folgen kann, die nicht alle paar Minuten durch einen ironischen Spruch die Stimmung erheitert, der kann „Eternals“ gar nicht langweilig finden. Generell wäre das für einen Chloé-Zhao-Film nichts Neues. Sie erzählt normalerweise andere Geschichten, deutlich langsamere und intimere Filme. Ja, „Eternals“ benötigt einige Zeit, um wirklich in Fahrt zu kommen.

Ebenso beinhaltet der Film nicht den typischen Sympathieträger als Protagonisten oder den geerdeten, „relatable“ Charakter, in den man sich jeder Zeit hineinversetzen kann. Auch an den vielen Witzen und One-Linern fehlt es weitestgehend (obwohl die noch in den Trailern erzwungenen Witze im Film deutlich besser funktionieren). Und an Actionsequenzen mangelt es grundsätzlich nicht, aber für MCU-Verhältnisse ist Zhaos Stil eben dennoch verhältnismäßig ruhig und Charakter-fokussiert. Alle fünf Minuten bekommt man hier sicherlich nicht Aufregung und Action geboten, wodurch der gewohnte Entertainment-Faktor natürlich stellenweise fehlt. Aber wenn all diese Kriterien nun schon über Langeweile entscheiden, dann sieht es für die Zukunft des Kinos nicht besonders gut aus.

„Eternals“ fühlt sich nicht wie ein klassischer Marvel-Film an. Das ist gut und dafür wurde es endlich mal Zeit. Genau das fordern und wollen wir doch alle. Und trotzdem gehen dadurch natürlich so manch gewohnte Stärke oder Erzählweisen verloren. Chloé Zhao kann aus der berühmten Formel ausbrechen, erzählerisch wie auch inszenatorisch. Das gelingt ihr nicht perfekt, das verhindert nicht legitime Schwachstellen und Kritikpunkte, aber bringt doch endlich mal frischen Wind in die ganze Franchise-Reihe.

Optisch und inszenatorisch ist „Eternals“ durchaus ein zweischneidiges Schwert: Einerseits ist deutlich zu spüren, dass Chloé Zhao tatsächlich viel mehr echte Sets zur Verfügung gestellt wurden, wodurch das Gesamtbild des Films schon allein anders ist und sehr real wirkt. Trotz der offensichtlichen CGI-Sequenzen und Spielereien, wie Szenen im Weltall, die Kräfte der Eternals oder die digitalen Deviants hebt sich der Film daher deutlich vom digitalen Greenscreen-Einheitsbrei vieler anderer MCU-Filme ab.

Andererseits gelingt Zhao aber keine nennenswerte eigene Bildsprache oder ein besonders auffallender Stil. Auch „Eternals“ ist phasenweise farblich so platt und grau wie das MCU in den letzten Jahren schon so häufig war. Und an möglichst kreativen oder intelligenten Einfällen mangelt es Zhao ebenfalls, wenn der Plot mal vorangebracht werden soll. Das macht sich allein daran bemerkbar, dass „Eternals“ ganz ungewohnt mit einer längeren Texttafel beginnt, um erstmal die Basics dieser ambitionierten Geschichte zu erklären. Später folgen dann weitere etliche lange Erklär-Dialoge, um Sinn und Hintergrund der Handlung näherzubringen.

Dafür sticht „Eternals“ erzählerisch mehr heraus, denn hier geht der Film tatsächlich andere Wege. Das liegt nicht nur am ungewohnten „Pacing“, sondern auch an der Verabschiedung von den vorhersehbaren und auszuzählenden drei Akten jedes MCU-Films, dem typischen 0815-Bösewicht oder dem klassischen CGI-Action-Finale. Denn „Eternals“ ist im Wesentlichen ein Film, der sich allein um die Mitglieder des besagten Helden-Teams dreht. Die Deviants als CGI-Monster-Antagonisten sind fast schon irreführend und spielen keine allzu relevante Rolle im Film. Daher ist es auch so überraschend, dass der Film vielerorts für die flachen, langweiligen Charaktere kritisiert wird. Klar ist, dass es sich nicht um die geerdeten Sympathieträger handelt, die man von anderen Marvel-Filmen gewohnt ist und die alle paar Minuten einen guten Spruch auf Lager haben.

Auch die Performances müssen nicht jedem gefallen (besonders Richard Madden spielt tatsächlich sehr kühl und hölzern). Aber der Film handelt allein von den Eternals und wie sie mit ihrer Situation, ihrer Aufgabe und ihren Rollen umgehen. Daher wird der Film auch ab der zweiten Hälfte und dann spätestens dem Finale so stark, weil die Figuren mit sich selbst und mit tief moralischen Fragen herausgefordert werden. Es gibt keinen klassischen Bösewicht, sondern letztlich handelt es sich um moralische Dilemmas, die es zu lösen gilt. Besonders dann, wenn Helden mit moralisch fragwürdigen Themen konfrontiert werden, dann entfaltet das Genre oftmals seine Stärken. Mit ähnlichen Fragen spielte im Übrigen auch „Infinity War“, welche dann aber leider für „Endgame“ vollständig ignoriert und für eine drei stundenlange Witzvorstellung geopfert wurde (aber gut, der hatte eben genug Witze und Dabs, was gleichbedeutend mit 94 % auf Rotten Tomatoes ist).

„Eternals“ gelingt das nicht perfekt. Ja, der Film hat zu viele Charaktere, kann selbst in seinen zweieinhalb Stunden kaum tiefgründig genug sein und beantwortet seine eigenen Fragen auf zu einfache Weise, ohne sie wirklich ausreichend diskutieren zu können. Aber den Film als „langweilig“ und „schlecht“ abzustempeln, weil er die typische Formel nicht erfüllt, nicht die gewohnten Charakterisierungen und den gewohnten Marvel-Unterhaltungsfaktor erhält, das wird „Eternals“ keineswegs gerecht.

Der Witz daran ist, dass ich es den Fans und regulären Kinobesuchern gar nicht mal übelnehmen würde. Stattdessen kommen diese Ansichten von den Kritikern und all den Leuten, die seit Jahren über Superhelden-Müdigkeit klagen und vom berühmten MCU-Einheitsbrei sprechen. Jetzt macht Marvel mal etwas anders, erfüllt dabei gewohnte Kriterien nicht und schon wird der Film abgestraft.

Und schon fühlt sich Disney wieder bestätigt: „Warum sollten wir je etwas Neues oder Anderes versuchen?“ Die Menschen bekommen eben doch das, was sie verdienen, denn sie schaufeln sich ihr eigenes Grab. Wer „Eternals“ langweilig findet oder als einer der schlechtesten MCU-Filme betrachtet, der bestätigt nicht nur Marvel in allem, sondern bedroht das Kino in seiner Diversität und Kreativität.

Eternals© Disney

Fazit: „Eternals“ gehört nicht zu den besten MCU-Filmen, aber beweist doch eindrucksvoll, dass das Franchise noch zu eigenständigen kreativen Impulsen fähig ist. Chloé Zhao inszeniert einen großen, epischen und ambitionierten Film über Superwesen und die Ursprünge des Marvel-Universums. Das gelingt ihr nicht perfekt, aber doch auf bemerkenswerte Weise.

7.0 von 10.0

Die Kritik im Original auf Moviepilot

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Seite verwendet Cookies, um die Nutzerfreundlichkeit zu verbessern. Mit der weiteren Verwendung stimmst du dem zu.

Datenschutzerklärung