Dune – Kritik/Review

Dune© Warner Bros.

„Dune“, das lang ersehnte Science-Fiction-Epos, das neue „Herr der Ringe“, die Adaption eines sehr alten, einflussreichen Romans. Aber nur Teil 1, die erste Hälfte des ersten Buches. Und nach allem, was man hört ein neuer Geniestreich von Denis Villeneuve, der seit Jahren einen Kritikerhit nach dem anderen ins Kino bringt. Nun also „Dune“, sein Kindheitstraum, sein „Star Wars“ für Erwachsene. Mit all seinen Stärken, aber auch Schwächen.

Ich hätte „Dune“ gerne mehr gemocht. Hohe Erwartungen, die dann noch übertroffen werden, das wäre mal wieder schön, aber gelingt auch diesem Film nicht. Mein Verhältnis zu Denis Villeneuves Filmen ist kompliziert. „Blade Runner 2049“ gefiel mir, aber löste keine Freudensprünge in mir aus. Dafür konnte ich bereits mit dem Kultklassiker aus den 80ern zu wenig anfangen. „Sicario“ gefiel mir, aber führte ebenfalls nicht zu jenen Begeisterungsstürmen.

Denis Villeneuves Filme waren immer wieder diesen Hype ausgesetzt, aber so richtig gezündet hat bei mir fast kein Film. Am ehesten käme da „Prisoners“ heran, den ich tatsächlich für einen hervorragenden Thriller halte. Das liegt vielleicht auch daran, weil „Prisoners“ noch Elemente enthielt, von denen sich Villeneuve später löste: richtige Spannung und richtige Emotionen.

Zunächst sei auf die audiovisuelle Umsetzung verwiesen, die auch in „Dune“ mal wieder nicht weniger als überragend ist. Hier werden sich die Geister wohl am wenigsten scheiden, denn Denis Villeneuve gelingt es einmal mehr mit seinen fantastischen Bildern für ein wahrhaftiges Kinoerlebnis zu sorgen. Unterstützt wird das durch einen gewohnt wuchtigen Soundtrack von Hans Zimmer. Mehr Kino geht nicht.

Auch inszenatorisch ist „Dune“ eigentlich über alles erhaben. Wer „Blade Runner 2049“ kennt, wusste bereits, dass dieses Science-Fiction-Epos in guten Händen sein wird. Womit man sich stattdessen anfreunden muss, ist die mal wieder sehr unterkühlte und monotone Optik. Ebenfalls typisch Villeneuve ist die schwere und biedere Darbietung der Welt und ihre Charaktere. Nicht zu kurz kommt natürlich das Epische, das Bedeutungsschwangere, die schiere Größe der Bilder und der Welt.

Diesen Stil muss man dennoch mögen, denn erzählerisch bleibt dieser erste Part wenig spannend und emotional. Das liegt nicht nur am erwartbaren Handlungsverlauf, sondern auch an dem mangelnden Gespür für echte charakterliche und emotionale Momente. Der Tod der einen oder anderen Figur könnte tragisch und gefühlvoll sein, aber bleibt in der Regel doch überraschend blass.

Die Geschichte und die Themen des Buches und Films möchte ich an dieser Stelle nicht mehr übermäßig ausführen. Aber sie wirken doch einerseits veraltet und könnten anderseits aktueller nicht sein. Für das Alter der Vorlage kann der Film „Dune“ freilich nichts und es ist offenkundig, dass die Romanvorlage selbst zahlreiche spätere Werke inspiriert hat. Besonders von der Natur des Kolonialismus, der in den 60er Jahren gerade erst zusammengebrochen war, hat sich Frank Herbert beeinflussen lassen.

Angesichts der weltpolitischen Lage könnte „Dune“ nun zu keinem besseren Zeitpunkt erscheinen, nachdem der zwanzigjährige Afghanistan-Einsatz des Westens sang- und klanglos gescheitert ist. Da passt es, dass das Zentrum der Handlung, der Planet Arrakis, nicht nur generell eine trostlose Wüste ist, sondern durch das Kostümdesign der Fremen der Eindruck von den Terroristen/Freiheitskämpfern noch verstärkt wird. Diese nahöstliche Komponente ist einfach unübersehbar, als hätte Villeneuve für Arrakis in Afghanistan gedreht, so sehr bildet man sich ein die Bilder wiederzuerkennen.

Um bei den thematischen Aspekten des Films zu bleiben, steht dieser erste Part natürlich stets unter dem Vorbehalt, dass man den zweiten Teil noch nicht gesehen hat. Erst dann ließe sich wirklich ein abschließendes Urteil bilden. Dennoch lässt sich bis dahin zumindest sagen, dass die Prämisse, der kommende Kampf gegen das Imperium und die Fremdherrschaft erzählerisch nicht so spannend ist, wie in viel zitierten Vorgängerfilmen (ironisch, wie häufig plötzlich James Camerons „Avatar“ genannt wird, der immer selbst als Kopie so vieler anderer Geschichten galt).

Protagonist Paul Atreides wendet sich nicht aus Überzeugung gegen seinesgleichen, sondern aus Not heraus. Und die Motivation dafür ergibt sich aus dem Verrat an seinem Haus, weswegen er nur noch indirekt gegen seine „eigenen Leute“ kämpft. Dadurch ergeben sich bestimmte Konflikte natürlich erst gar nicht; Paul bleibt, bis hierhin, als Figur verhältnismäßig uninteressant.

Als jemand, der weder den Roman gelesen hat, noch Lynchs missglückten Versuch einer Verfilmung gesehen hat, kann jetzt natürlich schnell mit Verweis auf „was da noch alles kommt“ vertröstet werden. „Dune“ gesteht sich zum Schluss selbst ein, dass dies nur der Anfang ist, eigentlich fast schon ein Prolog. Und dennoch verrät einem der Film nahezu schon alles Relevante, was einem im potenziellen zweiten Teil zu erwarten hat. Der Film macht sich eher keinen Gefallen damit, dass Pauls Visionen die Handlung der übrigen Geschichte vorwegnehmen. Wäre der Ausgang dieser Heldenreise nicht schon offensichtlich genug, präsentiert es einem der Film noch mittels zahlreicher Visionen.

Mit Blick auf das Artdesign und die Optik komme ich auch nicht darum herum auf die „praktische“ Seite von „Dune“ einzugehen. Einige ergötzen sich ja schon wieder daran, wie real und echt dieser Film aussieht und Villeneuve da immer die richtige Mischung aus praktischen und visuellen Effekten zu finden scheint. Und klar, „Dune“ sieht hervorragend aus und alles, was aus dem Computer stammt, wurde großartig animiert.

Und dennoch muss ich konstatieren: Daher sehen die Welten und das Artdesign in manchen Phasen auch sehr eintönig aus. Natürlich kann viel echt gedreht werden, wenn ohnehin ein Großteil des Films in einer Wüste stattfindet. Daher kann uns „Dune“ nicht in die kreativsten und erstaunlichsten Welten entführen (was vielleicht noch kommt), aber was Villeneuve inszenieren möchte, gelingt ihm erstaunlich gut.

Abschließend noch ein Vergleich zu „Star Wars“, der sich hier anbietet. Aufgrund der neuen „Dune“-Verfilmung werden diese Vergleiche präsent, da sich George Lucas von Frank Herberts Roman mutmaßlich stark hat beeinflussen lassen. Die Parallelen sind nicht von der Hand zu weisen, aber müssen auch kontextualisiert werden. Viele Science-Fiction-Autoren haben sich von „Dune“ inspirieren lassen, aber nicht alles, was sich zu ähneln vermag, stammt direkt aus dem Roman. In frühen Drehbuchentwürfen hat sich Lucas stärker inspirieren lassen, wovon im finalen Film aber nur noch Teile übrigblieben.

Der Planet Tatooine als Arrakis-Kopie fällt da noch am ehesten ins Gewicht, obgleich hier wichtige Unterscheidungen zu nennen sind: Tatooine und seine Einwohner sind mehr als Grenzland und somit Westernparallele zu verstehen, nicht als Ort des Widerstandes. Der Kampf gegen ein Imperium erinnert derweil an die Rebellion in „Star Wars“, obgleich hier eher zwei Inspirationsquellen zusammenfallen und sich ähneln: Was für Herbert der Kolonialismus war, war für Lucas der Krieg im Vietnam.

Paul Atreides als Auserwählter mitsamt seinen Visionen erinnern dagegen an Anakins Geschichte in den Prequels, weniger an Luke in „Star Wars“. Die Idee vom Auserwählten gab es bereits in frühen Entwürfen von „Star Wars“, schafften es allerdings erst sehr viel später in die Saga. Genauso wie hier, wie auch angesichts der Jedi-ähnlichen Bene Gesserit lässt sich jedoch keine direkte Verbindung zu „Dune“ herstellen. Frank Herbert wird sich dafür genauso an der klassischen Heldenreise orientiert haben, wie später Lucas. Die Idee des Auserwählten ist freilich ein paar tausend Jahre älter als Herberts „Dune“.

Bei den Jedi und Bene Gesserit hatten Lucas und Herbert vermutlich eine gemeinsame Vorlage: Smiths Lensmen Saga aus den 1930er Jahren. Diese handelt u.a. von Elitekriegern, den Lensmen, die mit telepathischen Fähigkeiten die Friedenshüter der Galaxie sind. Somit ist „Dune“ eines von vielen Vorlagen für „Star Wars“ gewesen. Einiges ist sicherlich nicht von der Hand zu weisen (z.B. auch der vorerst gesichtslose Imperator), aber anderes entstammt vielen verschiedenen Inspirationsquellen und lässt sich nicht immer direkt auf den ersten „Star Wars“-Film beziehen.

Dune© Warner Bros.

Fazit: „Dune“ ist groß und episch, inszenatorisch nahezu makellos und eine fantastische Kinoerfahrung. Aber mittlerweile typisch Villeneuve ist der Film leider auch erzählerisch und emotional nicht wirklich mitreißend oder spannend. Hinter der tollen Ausführung steht die Geschichte noch spürbar zurück. Dieser „Dune“ ist eben nur Teil 1. Vieles vom dem, was nun aufgebaut wurde, muss eine Fortsetzung erst noch einlösen, um diesen Versuch einer Roman-Verfilmung wirklich abschließend bewerten zu können.

7.5 von 10.0

Die Kritik im Original auf Moviepilot

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