Die Legende von Korra

Die Legende von Korra© Nickelodeon

Nach der herausragenden Serie „Avatar – Der Herr der Elemente“ ist man natürlich erstmal skeptisch, was eine Nachfolgeserie leisten kann. Die Geschichte von Aang und seinen Freunden handelte von einem klassischen „Gut gegen Böse“-Konflikt und daran anknüpfend gäbe es nach diesem perfekten Ende eigentlich nichts mehr zu erzählen.
„Die Legende von Korra“ ist in ihrer Struktur und Herangehensweise anders, sehr anders. Und zum Glück ist sie das. Es kann in einer Fortsetzung nicht immer gegen die nächste, noch bedrohlichere, noch weltentscheidendere Herausforderung gekämpft werden (I’m looking at you, Star Wars Sequels!). Und das ist nicht nur erfrischend, sondern gleichzeitig sehr mutig.

Die Welt von Korra ist plötzlich komplett industrialisiert. Versehen mit Steampunk-Elementen findet man sich technologisch in den 1920er/30er Jahren wieder. Das allein ist schon ein extremer Schritt, wirkte die Welt der Vorgänger-Serie doch eher etwas zeitloser. Es gab Tendenzen zur Industrialisierung, aber auch große Einflüsse aus der Antike, Renaissance und natürlich des mittelalterlichen ostasiatischen Raumes. Gleiches gilt für die Figuren und die Geschichte. „Die Legende von Korra“ ist sehr politisch und über die ganze Serie verteilt fühlt sie sich größtenteils wie eine Analogie auf die politischen und kulturellen Ströme des frühen 20. Jahrhunderts an. Entscheidend hierbei ist vor allem, dass diese Ausrichtung hervorragend funktioniert.

Zunächst ist die Entstehung der Stadt Republika, das Zusammenleben von Menschen aller Nationen und der rasante technologische Fortschritt 70 Jahre nach Beendigung des 100-jährigen Krieges eine sehr optimistische und glorifizierende Vorstellung von einer besseren Zukunft, wenn alle Menschen friedlich und gemeinsam ihr Wissen vereinen und nutzen. Damit verbunden zeigt die Serie wie sich eine etablierte und funktionierende Demokratie gegen extreme und andersartige politische Strömungen behaupten muss. In „Die Legende von Korra“ finden Ideologien-Konflikte statt. Es gibt dieses Mal kein klares Gut und kein eindeutiges Böse. Es gibt lediglich Menschen und Gruppen mit verschiedenen Ansichten und logischen Motivationen.

Dadurch wirken die Bändiger gerade zu Beginn der Serie regelrecht aus der Zeit gefallen. Alles ist mittlerweile durch Technologie lösbar und sogar gut ausgebildete Nicht-Bändiger sind ihnen überlegen. Bändiger werden zwar immer noch gebraucht und in den folgenden Staffeln wieder wichtiger, bis dahin wirken sie allerdings beinahe wie ein vergangenes Rittertum, welche kaum noch benötigt wird. Größere Bändiger-Action steht in den ersten zwei Staffeln generell weniger im Fokus.

Dafür bestimmen die Antagonisten in jeder einzelnen Staffel das geschehen und diese sind wirklich großartig entworfen. Am besten gefiel mir gleich Amon aus der 1. Staffel. Er ist im Grunde ein fanatischer Linksextremist, der die Gleichheit aller Menschen fordert. Auch Zaheer aus Staffel 3 verfügt über kommunistisches Gedankengut und startet einen Feldzug gegen Regierungen, um die Freiheit aller Menschen einzufordern. So entsteht in „Die Legende von Korra“ teilweise eine konsequente und eiserne Stimmung mit der ich so nicht gerechnet habe.

Man schafft es zwar nicht immer dies gekonnt auszubalancieren (SPOILER: Das krasse Finale von Staffel 1 wird in letzter Minute noch zum Happy End. Hingegen bleibt man beim Ende von Staffel 2 konsequent und lässt Korra nie wieder mit ihren Vorgänger-Avataren kommunizieren, was ich eher schade fand), „Die Legende von Korra“ wird dadurch aber vor allem für ein erwachseneres Publikum interessant und ist in vielen Momente noch weniger auf Kinder zugeschnitten, als „Avatar – Der Herr der Elemente“.

Der Gesamteindruck wird lediglich von Staffel 2 und der Neuinterpretation der Geisterwelt getrübt. Die 2. Staffel ist nicht nur erzählerisch die schwächste und besitzt den langweiligsten Bösewicht, sondern auch die wieder aufgegriffene Geisterwelt enttäuscht. Auf der einen Seite ist es zwar schön, dass sich die Serie mit dieser befasst, wurde sie in Aangs Geschichte doch eher nebensächlich behandelt.

Auf der anderen Seite wird die Geisterwelt ihrer ganzen Düsternis beraubt. In „Avatar“ wirkte diese Welt sehr gefährlich, düster und mysteriös. Bei Korra hat man diese nun völlig neu designt und vereinfacht. Man kommt sich eher wie bei „Alice im Wunderland“ vor, als in der alten Geisterwelt von „Avatar – Der Herr der Elemente“. Da „Die Legende von Korra“ ansonsten sehr erwachsen ist, scheint man im Gegensatz dazu eine kindgerechte Geisterwelt kreiert zu haben – Schade.

Ein kleinerer Kritikpunkt sind die Beziehungen der Figuren untereinander. Vor allem in den ersten zwei Staffeln fühlt sich die Serie gezwungen erstmal jede Haupt- und Nebenfigur auf ihren „Love Interest“ hin abzuchecken. Sie ist in ihn, er aber nicht in sie; außerdem ist ein anderer in sie, sie interessiert sich aber nicht für ihn; dann kommt die nächste, die in ihn ist, später ist er aber doch in sie und dann ist alles kompliziert. Zum Glück entfernt sich „Die Legende von Korra“ später davon. Dass es auch deutlich subtiler und eleganter geht, zeigt Staffel 4.

Ein weiterer Unterschied zum Vorgänger ist die bereits angesprochene Erzählstruktur. Korras Legende ist deutlich fokussierter auf einzelne Handlungen und Gebiete. Es gibt nur selten das klassische Gefühl von einer Abenteuerreise und die Lernkurve von Korra ist ebenfalls eine andere. Das ist manchmal erfrischend, da Korra fast erwachsen ist und über viel Wissen und Kraft verfügt. Manchmal wirkt es allerdings auch irritierend, wenn es beispielsweise um den Avatarzustand geht. Nicht nur, dass Korra ihn ohne eine richtige Leistung erhält und gleich meistert, sondern auch, weil der Avatarzustand nicht mehr das ultimative Werkzeug ist, wie früher noch.

„Die Legende von Korra“ hat zwar ebenso ihre charakterlichen Momente, die Handlung steht aber mehr im Fokus. Die Serie macht außerdem alles richtig damit zwei, drei Gänge im Vergleich zur Vorgänger-Serie zurückzuschalten (außer Staffel 2). Es geht zwar in der Regel immer noch um den Fortbestand und das Schicksal der vorhandenen Welt, es ist dabei aber nicht mehr der große alles entscheidende Krieg gegen ein Imperium.

Nichtsdestotrotz wachsen einem die Figuren wieder ans Herz und auch der Zeichenstil und Humor ist ähnlich geblieben. Da die Staffeln in ihrer Geschichte relativ unabhängig voneinander funktionieren, passt es außerdem, dass es dazwischen auch mal größere Zeitabstände gibt. So begleitet man Korra von einer ungestümen, manchmal nervigen jungen Frau zu einem erwachsenen und gereiften Avatar. Besonders die letzte Staffel zeigt sie an ihrem Tiefpunkt und wie sie sich davon aus wieder hochkämpfen muss. Die Entwicklungskurve von Korra ist deswegen größer als die bei Aang.

Die Legende von Korra© Nickelodeon

Fazit: „Die Legende von Korra“ ist anders und das ist gut so. Hier ist dem Team hinter „Avatar – Der Herr der Elemente“ eine sehr gute Nachfolgeserie gelungen. Ich schließe mich zwar dem Konsens an und finde Aangs Geschichte etwas besser, im Grunde lässt es sich aber auch kaum vergleichen. Korras Geschichte besitzt andere Stärken und einen anderen Fokus. Beides sind hervorragende Serien und geben dem Avatar-Universum einen ganz eigenen Stil.

8.5 von 10.0

Die Kritik im Original auf Moviepilot

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