Cobra Kai – Staffel 6 – Kritik und Review

Cobra Kai© Netflix

Nach fast sieben Jahren, sechs Staffeln und 65 Episoden hat „Cobra Kai“ seinen Abschluss gefunden. Die Autoren Jon Hurwitz, Josh Heald und Hayden Schlossberg haben mit der Serie die wohl beste „Legacy“-Fortsetzung geschaffen und das wird man ihnen nie nehmen können. Die ersten beiden Staffeln, aber insbesondere die Erste, waren von ihrem Konzept, ihrem Stil und ihrer humorvollen Art so einzigartig, dass sie das „Karate Kid“-Franchise auf unerwartete Art neu wiederbelebt haben.

Natürlich ist die Serie in ihrer Gesamtheit nicht perfekt, aber wie sie es geschafft haben, bis zum Schluss ein Level an Unterhaltung und Ehrerbietung vor den Kultfilmen zu bieten, dabei von YouTube auf Netflix umgezogen sind und doch zu ihren Bedingungen „Cobra Kai“ zu Ende erzählt haben, ist in der modernen Film- und Serienlandschaft der letzten Jahre und Jahrzehnte einzigartig. „Cobra Kai“ ist ohne Übertreibung ein absoluter Triumph für Fans und Zuschauer; ein seltenes, beinahe einmaliges Musterbeispiel dafür, wie es gemacht werden muss.

Die sechste Staffel führt die Stärken und Schwächen der Serie fort. Sie ist nach wie vor enorm unterhaltsam, erschafft die absurdesten Momente und balanciert eine schiere Anzahl von Charakteren gleichzeitig. Dieser Abschluss aus nochmal 15 Folgen – fünf mehr als die vorigen Staffeln, die leider von Netflix unnötig auf sechs Monate verteilt wurden – ist definitiv gelungen. Wobei auch klar ist, dass die Serie erwartungsgemäß nie mehr ganz zum Höhenflug der ersten Stunden zurückkehren konnte.

Wie schon mehrfach von mir moniert, haben es die Autoren verpasst, eine konzentrierte und auf das Wesentliche fokussierende Geschichte zu erzählen. Bereits ab der dritten Staffel wurde sichtbar, dass sich das Konzept aus Drama, Comedy, Rivalitäten und Fanservice nicht derart lange halten kann. Auf den Punkt geschrieben, hätte „Cobra Kai“ maximal vier Staffeln lang sein dürfen. So hätte man seine Rezepte und Ideen nicht überstrapaziert.

So wurde nach der ersten Staffel eine Staffel nach der anderen ein weiteres Übergangsstück und die Verbeugung vor einem 80er-Jahre-Klassiker entpuppte sich zunehmend zu einer nicht enden wollenden Soap-Opera. Was als hervorragende Erweiterung zum ersten Karate-Kid-Film geschrieben wurde, verstanden als komödiantische „Abrechnung“ mit den beiden Figuren Johnny Lawrence und Daniel LaRusso, entwuchs zu einer immer größeren Fortführung der einst dreiteiligen Saga.

Mehr Figuren, mehr Verstrickungen, mehr Rivalitäten und Fronten machten daraus ein Geflecht, welches kaum mehr einzufangen war. Wie häufig möchte man Figuren die Seiten wechseln lassen, um es künstlich spannend zu halten? Wie oft möchte man vergessene Gegenspieler zurückholen, um das Drama bis auf das Letzte auszureizen? Wie oft kann man die alten Filme zitieren, bis jeder ikonische Moment ausgespielt worden ist?

Dieser Punkt war definitiv ab der fünften Staffel erreicht. Und das merkt man auch in der letzten Staffel: Die Luft ist raus. Die immer selbe humorvolle, überzogene, bissige und absurde Inszenierung wiederholte sich zu sehr und ließ irgendwann spürbar nach. Die drei Autoren kommen aus dem Comedy-Genre, weswegen „Cobra Kai“ so angelegt ist, wie es ist. Nur lässt sich das nicht auf 65 Episoden strecken.

Was ich den Autoren vorwerfe, und das sieht man insbesondere jetzt mit Blick auf die gesamte Serie, ist, dass es ihnen nie gelungen ist, die Serie „erwachsen“ werden zu lassen. Die überzogene und kitschige Ausrichtung war eine bewusste Entscheidung, welche primär den ersten beiden Staffeln sehr gutgestanden hat. Und es ist auch nicht so, dass „Cobra Kai“ nie ernst oder konsequent sein konnte. Ganz im Gegenteil. Ich verehre die Serie dafür, wie es ihr meistens mit Leichtigkeit gelang ehrliche, ernste und lustige Momente zu balancieren.

Und ja, die Karate-Kid-Filme sind, wenn man alle mit einbezieht, – und den Anspruch erheben die Autoren, alle drei Filme gleichermaßen zu behandeln und zu würdigen – „chessy“, überzogen und naiv. Nur ist das der erste Karate-Kid-Film nicht – der, worauf „Cobra Kai“, ausgehend vom Protagonisten, offensichtlich am allermeisten basiert. „Karate Kid“ ist für mich ein durchgehend ernstzunehmender, emotionaler, wundervoller Film.

„Cobra Kai“ verehrt diesen Film. Nur gelingt es den Autoren nie, auch nicht im weiteren Verlauf der Serie, mal einen tonalen Schwenk in diese Richtung vorzunehmen. „Cobra Kai“ beginnt als überzogene, augenzwinkernde Dramedy und sie endet auch so. Nur hält das keine sechs Staffeln. Die Verbindungen und Rückbesinnung auf die drei Filme waren immer ein Highlight, nur ist davon irgendwann nicht mehr viel übrig.

In seltenen Momenten parodiert sich die Serie gegen Ende fast schon selbst, wenn kleinste Nebenrollen aus den Filmen für die Serie zurückgeholt werden. Oder aufgrund mangelnder Alternativen die ersten Staffeln nun als Nostalgie- und Rückblendenmaterial herhalten müssen. Nichts davon ist schlimm oder zieht die Staffel nennenswert herunter. Nein, es sorgt sogar für mehrere Schmunzler. Nur sind sie bezeichnend für eine Geschichte, welche ihren Zenit lange überschritten hat.

Mit „Erwachsen werden“ ist dabei auch die visuelle Komponente gemeint. Es ist das eine als billig produzierte YouTube-Serie zu starten, es ist das andere auch in einer solchen Optik nach sechs Staffeln zu enden. Ich hatte immer den Wunsch für „Cobra Kai“, dass es qualitativ so aussehen würde, wie die Filme. Dass sie doch noch die Kurve zu einer kinematischen Erfahrung schaffen, welche über die Optik einer Nickelodeon-Show hinausgeht.

Inszenatorisch ist die Serie stellenweise genial. Erst der hervorragende Schnitt sorgt für die aberwitzige Seherfahrung. Und auch die meisten Actionchoreografien, wenn auch in ihrer Qualität schwankend (was aber mehr an der Physis der verschiedenen Darsteller liegt), sind fantastisch. Nur rein optisch denke ich mir seit Jahren, warum das Ganze farblich wie eine Jugend-Sitcom aussieht und nicht wie „Karate Kid“.

Der sechsten Staffel gelingt trotz alledem ein runder Abschluss. Dass es die Autoren schaffen nochmal so viel Geschichte und Charakterentwicklung in das Ende zu stecken, hat mich positiv überrascht. Statt 10 sind es 15 Episoden, statt 30 Minuten Laufzeit sind es meist 40 Minuten Laufzeit. Sie nehmen sich noch einmal sehr viel Zeit für den Aufbau eines großen Finales und finden am Ende doch auf rührende Art zum Ursprung „Cobra Kais“ zurück.

Zwar verlieren sie sich am Ende auch ein wenig darin, allen Figuren einen möglichst runden Abschluss zu spendieren. Jeder erhält sein Happy End, wirklich jeder erfährt seine „Redemption“. Aber dafür spielen sie viele Stärken der Serie einmal mehr gekonnt und voller Selbstbewusstsein aus. Einzig bezüglich Daniel LaRusso und seinem Verhältnis zu Mr. Miyagi bin ich zwiegespalten. Während die Autoren sehr bemüht sind, jede Figur bis ins letzte Detail auszuerzählen, bleibt Daniels Entwicklung auf der Stelle stehen.

Was ich in Staffel 5 noch charmant fand, sein Ringen mit Miyagis Erbe, dreht sich gegen Ende doch etwas im Kreis. Während sich Johnny Lawrence immer stetig weiterentwickelt hat, verweilt Daniel als der hitzköpfige und hibbelige Schüler Miyagis, der es nie schafft in seine Fußstapfen zu treten.

Obendrauf gibt es eine „kontroverse“ Sequenz zwischen ihm und seinem verstorbenen Meister. Rein konzeptionell ist diese Sequenz die besser geschriebene Szene aus „The Last Jedi“ zwischen Luke und Yoda. Nur ist sie leider visuell ein absoluter Reinfall. An der Stelle merkt man beispielhaft, dass die Autoren und letztlich „Cobra Kai“ immer daran gelitten haben, dass sie jede, aber auch jede Figur aus den Filmen zurückbringen konnten. Nur eine nicht: Mr. Miyagi. Und daran verzweifeln sie so sehr, dass sie sich letztlich visuell vergreifen.

Cobra Kai© Netflix

Fazit: Ich liebe „Cobra Kai“ trotz seiner Macken, trotz der kleinen Kritikpunkte eines großes „Karate Kid“-Fans, bis zum Schluss. Die erste Staffel ist Perfektion. Und die gesamte Serie hätte Perfektion sein können, wenn die Autoren sich auf weniger Figuren und das Wesentliche konzentriert hätten. Aber besser so, als wäre die Serie mittendrin von Netflix abgesetzt worden. Besser so, als wäre das gesamte Konzept von Anfang an ein Reinfall gewesen. Somit bleibt „Cobra Kai“ in der Gesamtschau ein kleines Wunder – eine Serie, die es allen gezeigt hat.

Staffel 1: 9 Punkte
Staffel 2: 8,5 Punkte
Staffel 3: 6,5 Punkte
Staffel 4: 8 Punkte
Staffel 5: 7,5 Punkte
Staffel 6: 7,5 von 10.0 Punkte

Die Kritik im Original auf Moviepilot

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