Birds of Prey

Birds of Prey© Warner Bros.

Warner Bros. und das inoffizielle DCEU haben seit ungefähr einem Jahr einen guten Lauf. Nach dem „Justice League“-Debakel hat „Aquaman“ über eine Milliarde US-Dollar eingespielt, „Shazam“ hat flächendeckend positiven Kritiken bekommen und „Joker“ war nicht nur brachial erfolgreich, sondern sorgte für unfassbare 11 Oscar-Nominierungen. Ob nun „Birds of Prey“ diesen finanziellen Erfolg fortsetzen kann, bleibt abzuwarten; qualitativ reiht er sich für mich jedoch neben die älteren, mittelmäßigen DC-Filme ein (Man of Steel, Suicide Squad, Justice League und auch Shazam).

Der von Margot Robbie mitproduzierte neuste (Anti)Superhelden-Film ist zweifellos sehr unterhaltsam und actionlastig. Über die recht kurzweilige Laufzeit von 108 Minuten zieht Harley Quinn, frisch getrennt vom Joker, einmal quer gewaltsam und energiegeladen durch Gotham. Unterstützt wird das durch die tollen Performances von Ewan McGregor und eben Margot Robbie, die beide das Herz dieses verrückten und wirren Abenteuers sind. Daneben punktet die teils wirklich sehr gut inszenierte Action, wodurch man dem Film vom Unterhaltungsfaktor definitiv nichts vorwerfen kann.

Gepaart wird das Ganze nämlich noch mit Harley Quinns immer wieder auftretender Off-Stimme und einer witzig-wirren Erzählweise, die deutlich an die Deadpool-Filme erinnert (inklusive dem Durchbrechen der 4. Wand). Ja, DC kommt wirklich gefühlt immer zu spät und an zweiter Stelle: Mit „Suicide Squad“ hat man Marvel’s Guardians kopieren wollen, mit „Justice League“ die Avengers, „Shazam“ war eigentlich ein Spider-Man (Homecoming) Verschnitt und „Aquaman“ war trotz des neuen und einzigartigen Settings von der Geschichte her streng genommen eine Mischung aus „Thor“ (2011) und „Black Panther“. Nun kam ihnen Marvel, wenn auch von den ehemaligen Fox-Studios, mit Deadpool gefühlt schon wieder zuvor (oder man hat sich ganz bewusst an diesem Konzept bedient).

Denn „Birds of Prey“ ist nicht nur ähnlich brutal wie sein Vorbild, sondern durch die anachronistische Erzählstruktur sehr vertraut inszeniert. Ob man im Schnitt gemerkt hat, dass das Drehbuch eigentlich recht langweilig ist und man den Film deswegen umstrukturiert hat oder ob das tatsächlich ein von vorneherein erdachtes Konzept war, lass ich mal dahingestellt. Zumindest kann „Birds of Prey“ schon sehr wirr daherkommen und die Geschichte wirkt insgesamt unausgereift, womit das Drehbuch definitiv der Schwachpunkt des Films ist.

Darüber hinaus hebt er sich allerdings auch überraschend wenig vom direkten Vorgänger „Suicide Squad“ ab. Obwohl anzunehmen war, dass Warner Bros. nach „Justice League“ eine Art Neustart angeordnet hat, ist es verblüffend, wie kohärent und einheitlich der Film zu „Suicide Squad“ ist. Der Look und die Atmosphäre sind überaus ähnlich, die Stimmung der Welt und die Verweise auf den Vorgänger, ja man könnte annehmen, es handelt sich eigentlich um exakt die Spin-Off Fortsetzung, die ich auch ohne die schlechten Reviews von „Suicide Squad“ und dem Untergang von „Justice League“ erwartet hätte.

Daher verwundert es mich auch, wie positiv dieser Film ankommt, zumindest in Amerika (die deutschen Kritiken sehen das nämlich deutlich negativer). Denn eigentlich verhält sich „Birds of Prey“ wie ein typischer DCEU-Film, mit den immer gleichen Macken: Die Geschichte ist nur mittelmäßig und sehr wirr; der Humor punktet nur ansatzweise; alles ist recht unterhaltsam, insgesamt handelt es sich jedoch um ein kleines, ungeschliffenes Durcheinander. Also alles wieder beim Alten möchte man meinen. Und trotzdem ist „Birds of Prey“ definitiv besser als bspw. „Suicide Squad“.

Die Handlung wurde klein und bodenständig gehalten, die Figuren sind alle sympathisch und das R-Rating ist dieses Mal direkt von Anfang an dabei. Ganz so brutal wie bei „Deadpool“ wird es allerdings nicht. Hier hätte man vielleicht noch ein Stück weiter gehen können. Außerdem kommt die Figur Huntress als einzige in dem ansonsten gut ausbalancierten Ensemble deutlich zu kurz. Zuletzt wäre noch der sehr launige Soundtrack zu nennen, dessen Stücke sich wunderbar und weniger forciert in die Handlung einfügen.

Birds of Prey© Warner Bros.

Damit bleibt am Ende ein Film, der Stärken und Schwächen zu beiden Teilen mit sich führt. Für einen „Neustart“ nach dem leblosen Squad aus 2016 und einer Mitproduzentin Margot Robbie hätte ich etwas mehr erwartet. Mittlerweile dürfte im DCEU zwar für jeden Geschmack etwas dabei sein, eine nicht vorherzusehende Auf- und Abfahrt bleibt dieses Cinematic-Universe jedoch wohl auch weiterhin. Mit Action, Witz und den schrägen Schauspieleinlagen hat „Birds of Prey“ definitiv etwas für sich. Dagegen stehen leider eine überaus mäßige Geschichte und durchschnittliche Abfolge von Ereignissen, mit der dieser Film auch ganz schnell zu einem noch größeren Reinfall hätte werden können. Alles in allem sehr solide, mehr allerdings nicht.

6.0 von 10.0

Die Kritik im Original auf Moviepilot

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Seite verwendet Cookies, um die Nutzerfreundlichkeit zu verbessern. Mit der weiteren Verwendung stimmst du dem zu.

Datenschutzerklärung