
Für November und Januar habe ich eine Serie und einen Kinofilm in einem Beitrag zusammengefasst. Ich schreibe über die zweite Staffel der Netflix-Serie „Arcane“, sowie die Horrorfilm-Adaption „Nosferatu“ von Robert Eggers.
Arcane – Staffel 2
Ein gutes Beispiel für „Style over Substance“ von dem sich die Mehrheit blenden lässt. Die Animationsqualität ist auch in Staffel 2 wieder hervorragend. Aber das war es dann auch. Leider setzt die finale Staffel das fort, was der Verlauf der ersten Staffel bereits angedeutet hat: Zu viele Figuren, zu viele Ideen; und keine einzige davon wird vernünftig ausgearbeitet.
Stattdessen besitzt die Geschichte zu keinem Zeitpunkt einen roten Faden, sondern ist überwiegend konfus erzählt und ohne eine einheitliche Vision. Was wurde aus dem nuancierten Klassenkonflikt zwischen Ober- und Unterstadt? Oder den politischen Implikationen nach Ausrufung des Kriegsrechts? Anstelle davon verliert sich „Arcane“ in eine Ansammlung an Figuren, von der keine einzige genügend Raum erhält, während die Handlung in ein Geschwurbel der beiden befreundeten Wissenschaftler abdriftet, die irgendeinen Unsinn über „das Arcane“ und die Hex-Technologie faseln.
Das Herzstück der Serie, der Konflikt der beiden Schwestern, verkommt derweil zur Nebenhandlung, als hätten die Autoren nie verstanden, was die eigentlichen Stärken und das Interessante an der ersten Staffel war. Zudem ist das „World Building“ der zweiten Staffel unterirdisch mies. Es geschehen häufig ohne Erklärung oder Hintergrund irgendwelche Dinge, es werden zufällig Handlungselemente eingeführt und irgendwelche Figuren dazugeschrieben, ohne dass es sich aus der Welt ergibt oder dafür Vorarbeit geleistet wurde.
Selbst wenn man Staffel 1 gesehen hat, ist man hier häufig hoffnungslos verloren und kommt nicht darum herum zu denken, man hätte eine andere Serie hierfür verpasst oder einen erforderlichen Comic nicht gelesen. Ich hatte immer den Eindruck, „Arcane“ sei ohne das Vorwissen über das Videospiel zu genießen. Entweder stimmt das nicht oder die Autoren haben versagt. Sie wollen hier augenscheinlich ganz viel erzählen und glauben, sie könnten dies entsprechend „tief“.
Am Ende jedoch erzählen sie, erschlagen und überladen von Figuren, Handlungselementen und Einfällen, rein gar nichts. Schade, dass dafür drei Jahre an aufwendiger Produktion geopfert wurden und das Potenzial aus Staffel 1 derart in den Sand gesetzt wurde.
5.0 von 10.0
Die Kritik im Original auf Moviepilot
Nosferatu – Der Untote
Normalerweise schaue ich keine Horrorfilme, aber Robert Eggers „Nosferatu“-Adaption hat mich gleich interessiert, nicht nur weil ich sein „The Northman“ zuletzt sehr gemocht habe, sondern weil es sich beim Original natürlich um den berühmten Stummfilmklassiker aus Deutschland handelt.
Im Vorfeld habe ich nicht viel vom Film mitbekommen, außer, dass es sich wohl um ein seit mehreren Jahren geplantes Projekt von Eggers handelt. In seiner Kindheit gehörte der Film von Murnau wohl zu seinen Lieblingsfilmen. Darüber hinaus schlug der Film in den Vereinigten Staaten über die Feiertage für Eggers Verhältnisse regelrecht ein und ist gleich nach dem Startwochenende der erfolgreichste Film seiner bisherigen Filmografie daheim.
Rein inhaltlich kann Eggers Interpretation überzeugen. Meiner Meinung nach ergänzt er die Geschichte an allen Stellen sinnvoll, erweitert die Mythologie im Sinne der Vorlage und sorgt für eine Kontextualisierung des Ganzen, welche die Handlung angenehm ausschmückt. Außerdem kürzt Eggers für meinen Geschmack an den richtigen Stellen. Der Weg Hutters zur Burg des Grafen und daran anschließend die Wege beider in die Stadt Wisborg wird gestrafft. Währenddessen wird der letzte Akt mit Graf Orlok und den handelnden Akteuren in der ausgedachten deutschen Stadt erweitert.
Schön anzusehen, sind auch die Anspielungen Eggers auf das Original, wenn hin und wieder Dialoge oder Motive übernommen werden. Zudem filmt er „Nosferatu“ im 5:3-Format, welches beinahe dem 4:3-Format des Originals gleichkommt. Und dann sind da natürlich die modernisierten Horror-Elemente, welche für mich durchweg funktioniert haben.
An das Original heran bzw. über den modernen Anstrich hinaus, kommt die Neuverfilmung allerdings zu keinem Zeitpunkt. Das liegt, abgesehen von der Format-Wahl, daran, dass Eggers hier visuell einen über weite Strecken viel zu konventionellen und dahingehend langweiligen Film inszeniert hat. Zwar gibt es immer wieder Momente, z.B. die Ankunft und der Aufenthalt auf Orloks Burg, sowie vereinzelte Sequenzen im letzten Drittel, die schön anzusehen sind und herausstechen.
Aber alles Weitere ist leider arg konventionell geraten, ohne spannende Einfälle oder prägnante Besonderheiten. In manchen Bereichen ist Murnaus über 100 Jahre alter Film sogar immer noch überlegen. So zitiert Eggers z.B. das Schattenspiel, wofür das Original berühmt wurde. Nur daran heranzureichen, geschweige denn es zu erweitern, gelingt ihm fatalerweise nie.
Hier war ich insbesondere enttäuscht davon, dass Eggers sich auch nie der Ästhetik der Stummfilm-Ära und dessen Stilmittel bedient. Stattdessen verliert sich seine Neuinterpretation zu häufig in Erklärungen und überbordenden Dialogen, die es meiner Meinung nach nicht zwingend gebraucht hätte. Nur zu sagen, man verfilmt die Geschichte für ein modernes Publikum reicht mir zu keinem Zeitpunkt aus, um diesen Film in Gänze zu rechtfertigen.
Fazit: Bei weitem kein schlechter Film, aber als „Nosferatu“-Kenner verpasst man auch nichts, wenn man einfach nochmal das Original schaut.
6.5 von 10.0
Die Kritik im Original auf Moviepilot