Ant-Man 3 & Tár – Kritik und Review

Ant-Man, Tár© Disney, Universal Pictures

Für diesen März habe ich zwei aktuelle Kinofilme in einem Beitrag zusammengefasst. Ich schreibe über Marvel’s neuesten Blockbuster „Ant-Man and the Wasp: Quantumania“, sowie Hollywoods neuesten Kritiker-Liebling und Oscar-Kandidat „Tár“.

Ant-Man and the Wasp: Quantumania

„Ant-Man and the Wasp: Quantumania“ ist der klassischste MCU-Film seit Jahren. Er vereint alles, was die Filme mal ausgezeichnet haben, sowohl Stärken als auch Schwächen. Nahezu alle bekannten Marvel-Elemente sind enthalten; in allem ist der Film solide, aber in keinem Aspekt wirklich gut. Aber der dritte Ant-Man-Film ist wie ein Abziehbild aus Phase 2 und 3: wieder mehr das gewohnt formelhafte Unterhaltungs- und Bombast-Kino, welches als Puzzlestück einer größeren Erzählung dient und dabei die übergreifende Handlung im Wesentlichen vorantreibt.

Warum jetzt ausgerechnet dieser Film laut Kritikerecho zu den schlechtesten MCU-Filmen zählen soll, entzieht sich mir dabei (erneut). Nicht bekannter könnte die Kost sein, kaum vertrauter könnte eine Geschichte erzählt werden. Aber manche merken wohl erst 15 Jahre später, dass ihnen das immer gleiche serviert wird.

Als Ant-Man-Fan könnte ich Enttäuschung nachvollziehen, denn dieser dritte Teil besitzt nur noch selten die tonale Identität der beiden Vorgänger. Stattdessen ist der Film größer, umfassender und wegweisender für die anstehende Phase. Weniger Albernheiten des Scott Langs und dafür mehr epische Größe. Aber da ich sowieso nie ein großer Fan der Filme war, hat mir genau diese Ausrichtung gefallen. An Kang als neuen Oberbösewicht war ich nämlich dann doch ein wenig interessiert und sein Porträt ist fast durchweg gelungen. Lediglich gegen Ende wird sein Auftreten ungeschickt abgeschwächt, ja sein Anspruch auf die Thanos-Rolle fast schon in den Sand gesetzt.

Das liegt auch an den mal wieder undurchsichtigen Stärke-Verhältnissen. In einem Moment zerquetscht Kang seinen Gegner mit einem Fingerschnippen, im nächsten verkommt er plötzlich zu einem eingeschüchterten Standard-MCU-Bösewicht. Die nicht vorhandenen Konsequenzen für irgendeinen Protagonisten tun dann ihr Übriges. Damit einher geht auch leider die immer häufigere Einkehr der Selbstparodie, sodass die durchaus ernst gedachten Figuren und Themen nicht mehr durch unnötige Witzchen, sondern durch lachhafte Darstellung und Inszenierung zunichtegemacht werden (z. B. M.O.D.O.K. oder Kang-Varianten).

Gleichsam ziel- und ideenlos ist dieser Film mit seinen angerissenen Leitmotiven, die auf halber Strecke liegengelassen oder im Keim erstickt werden. Die eigentliche treibende Motivation von Scott Lang mehr Zeit für seine Tochter zu haben und die verlorenen fünf Jahre aufzuarbeiten, werden für die Handlung nie relevant, jedwedes Potenzial oder auch interessante Interaktion mit Kang blitzschnell fallengelassen. Ähnlich war dies bereits in „Doctor Strange 2“ und „Thor 4“ zu beobachten.

Besser geht „Quantumania“ dafür mit seiner Welt und den Schauplätzen um. Im Gegensatz zum besagten Doctor Strange und seinem „Muliverse of Madness“ ist der Quantenraum nicht nur bloße Behauptung und zeichnet sich durch anders geschaltete Ampeln aus, sondern birgt tatsächlich neue sowie eigenartige Welten- und Aliendesigns. Hier durften sich die Künstler wenigstens mal austoben.

Für alte MCU-Hasen dürfte „Ant-Man 3“ also durchaus ein Blick wert sein, denn nach der schrägen und langatmigen vierten Phase kommt endlich mal wieder so etwas wie Plot ins Spiel. Umso mehr klassisches MCU, umso weniger eigenständig und herausstechend ist dieser Film aber natürlich auch. Peyton Reed ist ja ohnehin einer der vielen Marvel-Regisseur ohne jedwede Handschrift oder eigener Bildsprache. Einen speziellen Stil oder eine abweichende Erzählung, wie in „Eternals“ oder „Black Panther 2“ erhält man hier nicht. Somit aber auch keinen künstlerischen Totalausfall wie mit „Thor 4“. Stattdessen ist „Quantumania“ solider MCU-Durchschnitt, wie es ihn in seiner Form schon lange nicht mehr gab.

6.5 von 10.0

Die Kritik im Original auf Moviepilot

Tár

„Tár“ ist diese Art von (Arthouse)Film, dessen Handlungszusammenfassung man nach dem Kinogang erstmal recherchiert, weil man die Hälfte aller Szenen nicht verstanden hat. Laut Martin Scorsese soll es sich um den besten Film seit Jahren handeln, der die dunklen Tage des Kinos beendet haben soll. Einschränkend zu erwähnen ist hierbei, dass Scorsese laut eigener Aussagen kaum noch Filme schaut. Im Endeffekt bedeuten solche Statements also ohnehin nichts und das merkt man „Tár“ an.

„Tár“ ist auch diese Art Film, den alle Kritiker aus Respekt und Höflichkeit für gut befinden, weil er so arthousig ist. Keiner möchte zugeben, dass es sich um fast 160 lange, quälende Minuten gehandelt hat, in denen sich höchstens ein paar halbgare Ansätze verstecken, die vergeblich versuchen, irgendetwas Interessantes anzustoßen, aber letztlich furchtbar mittelmäßig erzählt werden und über mehr als „gut gemeint“ nicht hinauskommen. „Tár“ kann sich nicht entscheiden, was er überhaupt erzählen möchten.

Zuerst wird eine Gender-Diskussion losgetreten, über weibliche Künstler, über den Umgang mit Jahrhunderte alter Kunst und ihren Autoren, über die Trennung von Werk und Autor; über mediale Auseinandersetzungen, die aktueller nicht sein könnten, um sie dann nach der ersten halben Stunde gänzlich fallen und keine Rolle mehr spielen zu lassen.

Dann könnte man denken, es gehen nun um die klassische Musik und Kunst im Allgemeinen, um das Verständnis und die tiefe Auseinandersetzung mit menschengemachter Kunst, ihrer Genialität, ihrer Interpretation, ihrer Wiedergabe sowie Analyse. Aber auch dafür macht der Film viel zu wenig, er wird nie zu einem Freudenfest der klassischen Musik oder funktioniert als Metapher für jede Art der Kunst und ihrer Ausprägung. Denn musiziert wird in „Tár“ zu keinem Zeitpunkt. Über langweilige Proben kann man sich erfreuen, während die Vermarktungsbilder einer leidenschaftlich dirigierenden Cate Blanchett höchstens irreführend sind.

Aber dann wäre da ja letztlich noch das vermeintliche Hauptthema des Films, nämlich die Übergriffigkeit und der Machtmissbrauch durch Blanchetts Tár und ihr damit verknüpfter Niedergang als Ausnahmedirigentin. Aber selbst das verkommt, wenn man sich mal ehrlich macht und für ein paar Minuten darüber nachdenkt, zur puren Behauptung und wird derart schlecht erzählt, sodass die Handlung dramaturgisch und logisch gegen Ende völlig auseinanderfällt.

Die Protagonistin gerät plötzlich und im Grunde aus dem Nichts in einen Missbrauchs-Skandal um ihre Person, der jedoch denkbar schlecht vorbereitet wird, off-screen stattfindet und kaum mit der aktuellen Handlung zu tun hat und zudem über die Darstellung alter E-Mails inszeniert wird, die derart schnell durchs Bild laufen, sodass das Auge kaum eine Chance hat zu erkennen, was überhaupt vor sich geht.

Verwirrend ist dabei auch, dass der Film die Anschuldigungen durch parallel stattfindende Handlungen überhaupt nicht unterstreicht, bestätigt oder nicht bestätigt. Alles Gezeigte deutet nicht auf gängig praktizierten Machtmissbrauch hin, es sei denn, man möchte den kleinsten Anflug von Zuneigung und Sympathie für eine Person gleich als etwas Schlechtes darstellen.

Somit ist Blanchetts Tár als Person nie greifbar; es ist nie eindeutig, ob irgendetwas davon gerechtfertigt ist oder nicht, ob sie insgeheim wirklich kaputt ist oder die Abläufe mehr unglücklich als berechtigt sind. Durch ein rechtskräftiges Urteil wird dies ebenfalls nie unterstrichen und trotzdem wenden sich aus dem Nichts alle nahestehenden Menschen von ihr ab, selbst ihr Lebensgefährtin sucht nach kleinsten Kratzern direkt das Weite, ohne stichhaltige Beweislage.

Unverständliches Handeln der Figuren sowie unverständliche Szenen ziehen sich allerdings durch die gesamte Laufzeit. Sei es die durchweg treue Assistentin Társ, die aufgrund einer Entscheidung gleich zur rachsüchtigen Verräterin wird, bis zu komischen Horrorfilm-Einlagen, die nie verständlich aufgelöst werden.

Wobei die Inszenierung vermutlich noch mit das Beste am Film ist, denn die Kamera und der Schnitt sind gelungen. Sie ist zweckmäßig und bedacht, über weite Strecken sehr ruhig und der Handlung entsprechend. Nur in wenigen Momenten folgt Schnitt um Schnitt, wodurch für den Zuschauer wichtige Informationen verloren gehen. Und die inszenatorische Auflösung ist oftmals nur Gerede mit Schuss und Gegenschuss. Aber gut, darüber regt man sich ja nur auf, wenn’s wieder im nächsten MCU-Film geschieht.

Die Lieblingsfloskel der Kritiker „Show, don’t tell“ wird derweil auch nicht durchweg befolgt. Im Grunde wird alles zerredet, der behauptete Machtmissbrauch findet off-screen statt und alles, was der Regisseur versucht rein visuell zu vermitteln, versteht man nicht. Die erste Szene ist die Definition von „Tell, don’t show“ und die inszenatorische Auslösung kommt dem gelangweilten Abfilmen eines Theaterstücks gleich, also all das, was ein Film nicht machen sollte. Aber gut, hat eben alles einen arthousigen Anstrich und kein CGI, also cinema.

5.0 von 10.0

Die Kritik im Original auf Moviepilot

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